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Seniorenpolitik im Wandel - Verbände und Gewerkschaften als Interessenvertreter der älteren Generation
VII. Pfadabhängiger Wandel der Akteurskonstellation (S. 431-432)
Der deutsche Sozialstaat für Ältere ist durch eine plurale Akteurskonstellation geprägt. Zu den wichtigsten klassischen Akteuren zählen die Parteien, Sozial- und Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und die Kirchen. Seit Ende der achtziger Jahre sind beteiligungsorientierte Gremien der Senioren auf nahezu allen Ebenen des politischen Systems hinzugekommen.
Häufig sind die Sozialverbände und Gewerkschaften aus der Sicht der Betroffenen die ersten Ansprechpartner, wenn es darum geht, sozialpolitische Verschlechterungen zu verhindern oder Verbesserungen zu erreichen. Den maßgeblichen Einfluss auf die konkreten sozialstaatlichen Inhalte üben allerdings die Parteien unter Abwägung generationendifferenzierter Interessenlagen aus; dabei reagieren sie allerdings häufig auf die Aktivitäten der Gewerkschaften und Sozialverbände oder kommunizieren zumindest mit ihnen.
Die vorliegende Studie konzentriert sich auf die Analyse der deutschen Sozialverbände und Gewerkschaften in ihrer Rolle als seniorenpolitische Interessenvertreter. Im Fokus steht die Frage, ob und wie sich die verbandsgetragene Akteurskonstellation des Sozialstaates für Ältere im Zuge des demografischen Wandels und des seit Anfang der neunziger Jahre stattfindenden Um- und Abbaus des Sozialstaates verändert. Konkrete Anlässe, die seit den neunziger Jahren immer wieder zu Protesten seitens der Älteren führten, boten sich durch eine stetige Reduktion des Rentenniveaus, die neu eingeführte Besteuerung der allgemeinen Renten und Betriebsrenten oder auch erhöhte Zuzahlungen für Medikamente und Therapien, um nur einige Beispiele zu nennen.
Diese Maßnahmen, die zuweilen auch von Ressentiments gegen die Älteren begleitet wurden, haben phasenweise zu erheblichen Verärgerungen auf Seiten der Senioren geführt. Diese schlugen sich auch in öffentlichen Aktivitäten nieder. Vor diesem Hintergrund stellte sich für uns die Frage, ob Prämissen für eine offensivere Lobbypolitik für Ältere oder gar zur Etablierung eigenständiger »Nur-Rentnerorganisationen« entstanden sind.
Unsere Ausgangsvermutung war, dass sich perspektivisch auch in Deutschland − ähnlich wie in den USA oder wie in Gestalt der italienischen Rentnergewerkschaften − separate oder zumindest semi-souveräne Rentnerverbände herausbilden könnten, die sich offensiv gegen jedwede Reformpolitik zulasten der gegenwärtigen Rentenempfänger positionieren würden. Eine solche Entwicklung hätte nicht nur inhaltliche Auswirkungen auf sozialstaatliche Reformen."
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