Assessment Center - Entwicklung, Durchführung, Trends. Mit originalen AC-Übungen

von: Christof Obermann

Gabler Verlag, 2009

ISBN: 9783834982087 , 516 Seiten

4. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 49,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Assessment Center - Entwicklung, Durchführung, Trends. Mit originalen AC-Übungen


 

1.4 Geschichtliche Entwicklung (S. 20-21)

1.4.1 Vorläufer und Ursprünge der Assessment Center-Methodik

Deutsche Vorläufer des Assessment Center

Die ersten Vorläufer diagnostischer Methoden finden sich bereits in der Antike. Das erste ACähnliche Verfahren stammt wohl von Pepys (1677) (vgl. Heitmeyer &, Thom 1985, S. 6 f.), der es zum Zweck der Offiziersauswahl in England entwickelte. Dieser Ansatz wurde jedoch erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts systematisch wieder aufgenommen. Ausgangspunkt war dabei die von Münsterberg vertretene Methodik der Berufeignungsdiagnostik, die sich auf die (vorwiegend apparative) objektive Messung bestimmter „Segmente" menschlichen Verhaltens stützte (vgl. Domsch &, Jochum 1989).

Zur Zeit des Ersten Weltkriegs ging dann auch die deutsche Reichswehr bei der Personenauswahl so vor, dass sie isolierte „seelische Einzelfähigkeiten" maß und darauf basierend eine Aussage über die Eignung einer Person traf. Gebräuchlich waren damals psychologische Testverfahren zur Auswahl von Kraftfahrern, Piloten und Funkern, z. B. zur Geschwindigkeit beim Bordfunken. Vorläufer des heutigen AC finden sich erstmals ab 1926/27 in der Weimarer Republik zur Offiziersauswahl der Reichswehr. Eng verbunden mit der Entwicklung des AC-Gedankens ist der Name Rieffert. Professor Rieffert war von 1920 bis 1931 für die „Heerespsychotechnik" zuständig. Bereits 1920 gründete er im Auftrag des Reichswehrministeriums ein psychologisches Forschungszentrum an der Universität Berlin. Seine Hauptaufgabe bestand in der Verbesserung der Auswahlmethoden für Offiziersanwärter. „Zudem sollte eine Demokratisierung in der Stellenbesetzung bewirkt werden" (Domsch &, Jochum 1989, S. S. 4).

Sein erklärtes Anliegen war es, im Rahmen dieser Tätigkeit „praktische Menschenkenntnis zu objektivieren. Dabei muss beobachtet werden, welche Methoden im praktischen Leben angewandt werden und welche Gedankenreihen zu praktisch brauchbaren Menschen-Erkenntnissen führen. Diese Methoden und Gedankenreihen werden in das helle Licht des klareren wissenschaftlichen Bewusstseins gerückt, miteinander kombiniert und zu einem auf die Totalität des zu untersuchenden Menschen gerichteten systematischen Verfahren vereinigt" (Simoneit 1933, S. 43). Dabei lehnte sich Rieffert an die Überzeugungen der Ganzheits- und Gestaltpsychologen an, allen voran Kurt Lewin. Er betonte also die Notwendigkeit, den Menschen als Ganzheit zu betrachten, die mehr ist als die Summe ihrer einzelnen Teile.

Seine Position, die man auch schlagwortartig als „charakterologischen" oder „organischen" Ansatz kennzeichnen könnte und die er bereits 1922 formuliert, fasst sein Nachfolger im Amt, Simoneit 1933 folgendermaßen zusammen: „Eine isolierte Messung und Bewertung einzelner, durch Berufsanalyse bestimmter seelischer Fähigkeiten ist zwecklos, erst die Lagerung der isoliert gedachten seelischen Fähigkeiten innerhalb der seelischen Gesamtveranlagung lässt Schlüsse auf zukünftige Verhaltensweisen zu, – Daher ist die Ablösung des psychotechnischen durch das charakterologische Arbeitsprinzip notwendig, – dabei Psychotechnik als Leistungsmaßmethode, Charakterologie als Lehre von der gesamten seelisch-körperlichen Veranlagung einschließlich der Werteinstellungen verstanden" (Simoneit 1933, S. 44). Die US-Amerikaner Thornton und Byham sehen gerade in dieser Abkehr vom elementaristischen Messen und dem Betonen der Notwendigkeit von Verhaltensbeobachtungen den entscheidenden Beitrag der Deutschen zur Entwicklung des AC (vgl. Thornton &, Byham 1982, S. 54).