Rezeptive Sprachstörungen

von: Hedwig Amorosa, Michele Noterdaeme

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2002

ISBN: 9783840913426 , 97 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 21,99 EUR

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Rezeptive Sprachstörungen


 

Kapitel 8 (S. 70)

Schulische Intervention

In diesem Abschnitt wird beschrieben, wie Kinder mit Sprachverständnisstörungen Unterricht und Schule erleben und welche Hilfen ihnen angeboten werden müssen.

8.1 Schulischer Rahmen

Kinder mit einer Störung des Sprachverständnisses sind innerhalb der Schule verstärkt förderbedürftig. Je nach Ausmaß der Störung des Sprachverständnisses und den begleitenden oder zusätzlich bestehenden Teilleistungsstörungen wird das Kind früher oder später innerhalb seines schulischen Rahmens auffällig werden. Je höher die Klassenstufe, um so stärker steigen die sprachlichen Anforderungen an das Kind. Schulisches Lernen ist ohne ausreichendes Verständnis der Sprache erschwert und erfordert so besondere Hilfestellungen beim Lernen.

Der schulische Rahmen des Kindes ist von großer Bedeutung für die Möglichkeit der Gewährung dieser Hilfen. In großen Klassenverbänden ist die Möglichkeit, die individuelle Bedürfnislage des sprachverständnisgestörten Kindes zu berücksichtigen, deutlich eingeschränkt. Kleinere Lerngruppen ermöglichen es, das Kind in seiner Individualität und in seinem speziellen Förderbedarf wahrzunehmen und beim Lernen zu unterstützen. Schulgruppen an Klinikschulen, an Förderzentren oder an Schulen zur individuellen Sprachförderung erscheinen als der geeignete Lernort, um Kinder mit ausgeprägten Sprachverständnisstörungen ausreichend beim Lernen unterstützen zu können.

Lehrer gehören im Alltag des schulpflichtigen Kindes meist zu den Personen, mit denen das Kind den stundenmäßig größten Anteil des Tages verbringt. Sowohl für die diagnostische Abklärung als auch für die sprachliche Förderung bedeutet diese Tatsache eine große Chance und ein breites Feld der möglichen Hilfen für das sprachverständnisgestörte Kind.

Die Gruppe stellt für das Kind eine wichtige Voraussetzung dar, um seine sprachlichen Kompetenzen in der freien Situation erproben zu können und gewährleistet ausreichend Möglichkeiten seine Sprachkompetenz im Alltagshandeln zu erweitern. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Unterrichtserfahrungen mit Kindern im Grundschulalter und stützen sich auf Erfahrungen im Unterricht an einer Klinikschule.

Die Gruppengröße liegt in der Regel bei acht Kindern. Unterschiedliche Alters- und Jahrgangsstufen sowie die verschiedenen Störungsbilder der Schüler erfordern eine starke individuelle Ausrichtung der Unterrichts- und Lernplanung. Die Größe der Gruppe und eine gut strukturierte Unterrichtsorganisation ermöglichen es, dass das Kind abwechselnd selbständig, in der Gruppe oder mit Lehrerhilfe arbeiten kann. Das Gewähren von individuellen Spiel- oder Entspannungsphasen nach Abschluss einer Arbeitseinheit in räumlicher Abgrenzung zum Arbeitsplatz (Spielecke, Ruheecke, Bauecke) rhythmisiert die schulische Arbeit und dient gleichzeitig als Strukturhilfe, als Belohnung und als Möglichkeit der Verhaltens- und Sprachbeobachtung in freieren Situationen.

Die enge Verzahnung von Schule, Therapie und Gruppenalltag ist im Umgang mit sprachverständnisgestörten Kindern von großem Vorteil und ermöglicht eine umfassende Behandlung dieser Sprachstörung. Auch außerhalb der klinischen Situation ist die enge Kooperation von Lehrkräften, Sprachtherapeuten, Logopäden, Mitarbeitern in der Hausaufgabenbetreuung und Eltern von wesentlicher Bedeutung. Das Kind kann in einer derart gestalteten Umgebung Sicherheit und „Verständnis" erfahren.