Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen: Psychologische Aspekte der Nachfolgeregelung

von: Oliver Kluth

Diplomica Verlag GmbH, 2011

ISBN: 9783842807259 , 96 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 29,99 EUR

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Unternehmensnachfolge im Familienunternehmen: Psychologische Aspekte der Nachfolgeregelung


 

Textprobe: Kapitel 3.3, Firmeninterne Aspekte: Sympathie als Erfolgsfaktor: Sympathie kann als formelle Fähigkeit verstanden werden, die Gefühle anderer nachzuempfinden. Hierbei kann es sich sowohl um Glücksmomente als auch um Kummer oder Sorge handeln. Das Nachempfinden von Gefühlen eines anderen wird im angloamerikanischen Sprachgebrauch auch als 'fellow-feeling' umschrieben. Der Begriff 'fellow', Gefährte oder Artgenosse, beinhaltet hierbei die Tatsache, etwas gleich zu empfinden. Man findet allerdings nicht zwangsläufig Gefallen an der Handlung oder Gefühlsregung des anderen. Entscheidend ist, dass man in einer bestimmten Situation das gleiche empfindet, was ein anderer empfindet, und somit dessen Reaktion oder Verhalten für einen selbst positiv nachempfinden kann. Sympathie ist bedeutungsähnlich mit dem Begriff Empathie. Jedoch bezieht sich Sympathie im Wesentlichen auf eine intensive Gefühlsregung, während Empathie darüber hinausgeht und den Versuch, die Gefühle des anderen zu verstehen, zwingend voraussetzt. Dies hat zur Folge, dass man auch einer bislang unbekannten Person gegenüber Sympathie empfinden kann, während für das Empfinden von Empathie und das damit verbundene 'Hinein fühlen können' umfangreiche Kenntnisse über die Person zwingend von Nöten sind. Das Gegenteil von Sympathie in seiner stärksten Ausprägung ist die Antipathie. Bei der Antipathie herrscht meist eine negative Wertung gegen die Person, für die man Antipathie empfindet. Insbesondere in der Berufswelt kann Sympathie als Basis für jeglichen Erfolg bezeichnet werden. So entscheidet nicht zuletzt der Sympathiewert einer Marke über Erfolg oder Misserfolg. Ebenso wird ein als sympathisch empfundener Bewerber, sofern seine sonstigen Qualifikationen stimmen, eher gewählt werden, als ein Bewerber, den man als weniger sympathisch empfunden hat. Analog hierzu verhält es sich auch innerhalb eines Unternehmens, wenn es auf zwischenmenschliche Beziehungen ankommt. Einem Kollegen, der einem sympathisch ist, erfüllt man lieber einen Gefallen als einem unsympathischen Kollegen. Ebenso werden eher die Anweisungen eines sympathischen Vorgesetzten befolgt, als die eines unsympathischen Vorgesetzten. Zwar muss Antipathie unabhängig von der Stärke der Ausprägung nicht zwangsläufig zu einer Arbeitsverweigerung führen, doch hängt das Ergebnis einer Arbeitsleistung stark von der Einstellung des die Arbeit Ausführenden ab. Und die Einstellung des die Arbeit Ausführenden wiederum hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. So spielen seine beruflichen und privaten Aussichten, sein bisher Erlebtes und sogar seine körperliche Verfassung, eine Rolle. Im Wesentlichen wird das Vorhandensein von Sympathie oder Antipathie jeweils entscheidend auf die Qualität einer Arbeitsleistung Einfluss haben. Entsprechend wird der Sympathie eine besondere Bedeutung zugerechnet, wenn es um die Bewertung von Erfolgsaussichten eines Vorhabens geht. Das problematische an fehlender Sympathie ist zudem, dass die Mitarbeiter im Außenverhältnis Verständnis und Enthusiasmus in Bezug auf eine Aufgabe vortäuschen können. In Wahrheit haben sie allerdings aufgrund fehlender Sympathie wenig Interesse am Erfolg der Aufgabe. Entsprechend leidet die Qualität ihrer Arbeitsleistung und damit die des Ergebnisses. Der Vorgesetzte und in diesem Fall Nachfolger wägt sich allerdings auf der sicheren Seite, da seine Mitarbeiter im Außenverhältnis Verständnis und Enthusiasmus für die entsprechende Aufgabe haben. Umso erschreckender kann somit die Erkenntnis des Nachfolgers sein, festzustellen, dass seine Mitarbeiter nicht wie erwartet hinter einer Aufgabe gestanden haben. Im Rahmen einer Unternehmensnachfolge in einem mittelständischen Familienunternehmen ist die Sympathie des Nachfolgers entsprechend zu beachten. Die Tatsache, dass Sympathie auch bislang unbekannten Personen gegenüber empfunden werden kann, macht es dem Nachfolger zumindest einfacher, sich Sympathie theoretisch nicht erst in einem langwierigen Prozess erarbeiten zu müssen. Dies bedeutet nicht, dass dies der Praxis entspricht. Schließlich kommt er entweder durch seinen familiären Stand resp. seine finanziellen Möglichkeiten im Falle einer familienexternen Nachfolge in die Position als Nachfolger. Anders als sein Vorgänger hat er sich die Funktion nicht erst jahrzehntelang erarbeitet. Zudem wird der Nachfolger am Unternehmer selbst gemessen, der hingegen Jahrzehnte Zeit hatte, sich Sympathien bei seinen Mitarbeitern zu erarbeiten. Insbesondere dieser Aspekt kann bereits vor der eigentlichen Nachfolge dem Nachfolger gegenüber weniger Sympathie aufkommen lassen, als es unter anderen Umständen vielleicht der Fall wäre. Erschwerend kommt hinzu, dass mit dem Eintritt eines Nachfolgers in das Unternehmen i. d. R. ein Veränderungsprozess im Unternehmen stattfindet. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird der Nachfolger im Unternehmen strukturelle Veränderungen vornehmen wollen. Als Außenstehender konnte er sich bereits ein Bild von der bisherigen Arbeitsweise und den gegebenen Strukturen des Unternehmens machen. Vor dem Hintergrund möglichst schnell nach seinem Eintritt in das Unternehmern die ersten erkennbaren Erfolge vorweisen zu können, wird er versuchen, zu verändern, was er zuvor als störend empfunden hat. Somit steht der Nachfolger vor zwei entscheidenden Problemen: Zum einen wird die Frage nach seiner Sympathie über den Erfolg seiner angestrebten Veränderungen mitentscheiden und zum anderen haben seine Mitarbeiter ein generelles Akzeptanz- und Verständnisproblem in Bezug auf die gewünschten Veränderungen. Schließlich möchte der Nachfolger Dinge verändern, die bislang über Jahre hinweg scheinbar gut funktioniert haben bzw. nie als störend empfunden wurden. Insbesondere bei grundlegenden Veränderungen wird es auf die Sympathie des Nachfolgers ankommen. Der Nachfolger wird die beschriebenen Akzeptanzprobleme seiner Person und der möglichen Veränderungen gegenüber als Widerstand empfinden. Wären die möglichen Veränderungen hingegen vom Unternehmer selbst vor der Nachfolge durchgeführt worden, hätte dieser höchstwahrscheinlich mit wesentlich weniger Widerstand und Problemen zu rechnen. Gründe hierfür sind die lange Verbundenheit mit dem Unternehmen und die dem Unternehmer gegenüber empfundene Sympathie. Vorrangiges Ziel des Nachfolgers sollte es daher sein, möglichst schnell von seinen Mitarbeitern akzeptiert zu werden und somit entsprechend schnell als sympathisch wahrgenommen zu werden. Sympathie kann durch ähnliche Charaktereigenschaften gestärkt werden. So haben z. B. der interpersonelle Stil oder die Interessen und Erfahrungen einer Person Einfluss darauf, ob man dieser Person gegenüber Sympathie empfindet oder nicht. Wie bereits festgestellt, wird der Nachfolger auch in Hinsicht auf Sympathie an seinem Vorgänger, dem Unternehmer, gemessen. Der Unternehmer hat über Jahrzehnte hinweg durch sein Verhalten und seine Führungsweise bei seinen Mitarbeitern eine Erwartungshaltung an den Nachfolger geschaffen. Unterscheiden sich Nachfolger und Unternehmer z. B. in ihrem interpersonellen Stil grundsätzlich, werden die Mitarbeiter die Eigenschaften des Unternehmers am Nachfolger vermissen. Und sofern dieser nicht Eigenschaften mit sich bringt die von den Mitarbeitern als besser empfunden werden, wird der Nachfolger sowie jede seiner Entscheidungen zumindest zunächst kritisch beäugt werden. Wird er hingegen von den Mitarbeitern als sympathischer Nachfolger angesehen, stehen die Chancen weitaus besser, dass man ihm und seinen Entscheidungen wohlwollend gegenüber steht. Da Sympathie grundsätzlich nicht von der Länge einer Bekanntschaft abhängig ist, könnte man nun die Meinung vertreten, dass vom Nachfolger vor der eigentlichen Unternehmensübergabe keine interpersonelle 'Vorarbeit' von Nöten ist. Jedoch zeigt die Praxis, dass einem eine auf den ersten Eindruck als unsympathisch wahrgenommene Person nach einiger Zeit doch als sympathisch erscheinen kann. Aufgrund der dargestellten hohen Bedeutung von Sympathie als Erfolgsfaktor sollte der Nachfolger somit bereits vor der Unternehmensübergabe innerhalb des Unternehmens in Erscheinung treten. Hierbei kann es bereits reichen, sich zumindest bei allen Mitarbeitern mit Führungsfunktion eine gewisse Sympathie aufzubauen. Zwar stellt diese 'Vorarbeit' keine Garantie für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge dar, doch lassen sich die möglichen Risiken entsprechend minimieren.