Schulabsentismus - Anlässe, Bedingungen, Hintergründe. Eine empirische Untersuchung

von: Tobias Maucher

Diplomica Verlag GmbH, 2008

ISBN: 9783836618779 , 96 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 33,00 EUR

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Schulabsentismus - Anlässe, Bedingungen, Hintergründe. Eine empirische Untersuchung


 

Kapitel 1.2 Sozialraum

Der Sozialraum der Schule ist aufgeteilt in die drei Stadtteile Mettingen, Brühl und Weil, bei genauerer Betrachtung sind es allerdings vier Bereiche. Mettingen besteht einerseits aus Altmettingen um den alten Ortskern herum, anderseits aus Neumettingen. In Altmettingen gibt es viel Einzelhandel, und das Wohngebiet ist geprägt durch den Weinbau. Brennpunkte befinden sich u.a. in der Alten Schifffahrt, der Cannstatter Straße und der Obertürkheimer Straße. Altmettingen und Neumettingen sind durch die Bahntrasse getrennt und durch Unterführungen erreichbar. Die Wohnblocks in Neumettingen sind eingeschlossen von einem Gewerbebereich und der Gießerei von Daimler-Chrysler. Einzelhandel ist dort nicht vorhanden. In Alt- und Neumettingen leben 4.725 Menschen. Davon besitzen 31,3% eine ausländische Staatsbürgerschaft. Brühl befindet sich in einer Insellage, da es einerseits von Neckar und B 10 sowie dem großen Daimler-Chrysler-Areal mit entsprechend vielen Parkplätzen und andererseits von einem Gewerbebereich eingeschlossen ist. Dazwischen liegen eine kleine ehemalige Arbeiterwohnsiedlung und mehrere Hochhäuser mit 804 BewohnerInnen. Von diesen besitzen 61,6% eine ausländische Staatsbürgerschaft. Auch hier gibt es keinen Einzelhandel.

Der Ortsteil Weil besteht aus Einfamilienhäusern, einem Hochhaus, Sozialwohnungen, einem Asylbewerberheim, und einem ehemaligen „Schlössle“. Die Einwohnerzahl beträgt 1.042, davon sind 27,5% mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Geographisch sind die Stadtteile durch drei schwer zu überbrückende Verkehrswege voneinander getrennt. Neben den geographischen Gegebenheiten und den ungünstigen Verkehrsverbindungen (sowie dem täglichen Verkehrslärm von 75.000 Fahrzeugen auf der B 10) ist die jeweilige Sozialstruktur geprägt durch die historischen Unterschiede: („Königliches Gestüt“ Weil neben „Baumwollspinnerei“ Brühl), die soziologischen Unterschiede (Einfamilienhäuser, traditionell gewachsene Beziehungs- und Verwandtschaftsverhältnisse versus verdichtete Bauweise in Wohnblocks mit nur vergleichsweise temporär ausgebildeten Beziehungsverhältnissen) und infrastrukturelle Verschiedenheiten (was Einzelhandel, Gewerbe, Institutionen und Vereine betrifft). Die Industrialisierung brachte in Mettingen und Brühl im vergangenen Jahrhundert einerseits viele Arbeitsplätze, aber andererseits gewaltige Umweltprobleme durchAbgase, Geruch, Lärm, Berufsverkehr sowie auch soziale Probleme in diese Stadtteile. Der Anteil ausländischer Mitbürger in den Stadtteilen liegt bei 34,4%. Dies prägt das Gemeinwesen im Allgemeinen und die Schule im Besonderen. Denn „Wohngebiete, in denen viele Ausländer leben, sind stärker von Arbeitslosigkeit und Einkommensarmut betroffen“.
Im Bereich des Asylbewerberheims in der Obertürkheimerstraße (ca. 120 Personen, davon 80 Kinder) und der Unterkunft in Weil (ca. 40 Personen) entstehen soziale Brennpunkte, die durch die angrenzenden Unterkünfte für ehemals Obdachlose und Zwangsgeräumte noch verstärkt werden. Hier liegt ein starker Integrationsbedarf vor, dem ein teilweise geringer Kontaktwunsch zur Gemeinde gegenüber steht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Erhalt eines wohnlichen Umfeldes stark vernachlässigt wird. Mettingen- Brühl- Weil haben mit ca. 18% den höchsten Anteil an Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren. Der Anteil der arbeitslosen Jugendlichen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen steht mit ca. 18% an zweithöchster Stelle. Es zeigt sich, dass die Jugendarbeitslosigkeit dort zunimmt, wo besonders viele Jugendliche leben und zugleich die Dichte sozialer Risiken hoch ist (wie ausländische Herkunft oder niedrige Einkommen).

Mit Blick auf den Sozialraum der Kinder ist zu konstatieren, dass die Bedarfsdeckung an Kinderspielplätzen, die als „altersgerechte Spielräume“ den Verlust von öffentlichen bespielbaren Räumen für Kinder kompensieren müssen, Mettingen- Brühl- Weil mit ca. 20% an zweitletzter Stelle stehen. Ergänzt man die erwähnten Aspekte mit den Sozialdaten der Kommunalstatistik (Anzahl der Sozialhilfeempfänger, der Wohngeldbezieher, der Arbeitslosen, der Alleinerziehenden, dem Faktor der Wohnungsbelegung etc.) so ergeben sich daraus eindeutige Indikatoren für eine „soziale Brennpunktlage“. Die Auswirkungen für das Gemeinwesen im Allgemeinen und die Schule im Besonderen sind signifikant. Ein klarer verlässlicher äußerer Rahmen (eigener fester Arbeitsplatz für die Hausaufgaben, klare Tagesstruktur, eindeutige Regeln) und ein verbindlicher innerer Rahmen (Beziehungsqualität der Eltern-Kind-Beziehung: Anerkennung, emotionale Verlässlichkeit, Grenzziehung u.ä.) sind leider nicht immer in dem Maße vorhanden, wie es eine gedeihliche Persönlichkeitsbildung der SchülerInnen erfordern würde.