Psychiatrische Pflege - Kurzlehrbuch und Leitfaden für Weiterbildung, Praxis und Studium

von: Hilde Deininger, David Wegmüller

Hogrefe AG, 2017

ISBN: 9783456956114 , 800 Seiten

3. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 52,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Psychiatrische Pflege - Kurzlehrbuch und Leitfaden für Weiterbildung, Praxis und Studium


 

4. Pflege und die medizinische Disziplin (S. 381)

Wer einem Kranken seine Ratschläge gibt, erwirbt sich ein Gefühl von Überlegenheit über ihn, sei es, dass sie angenommen oder dass sie verworfen werden. Daher hassen reizbare und stolze Kranke die Ratgeber noch mehr als ihre Krankheit. (Friedrich Nietzsche)

Im Umgang mit Menschen, die an einer psychiatrischen Erkrankung leiden, steht das subjektive Krankheitserleben des Einzelnen im Vordergrund und bildet die Grundlage psychiatrischen Handelns. Gleichzeitig ist das Wissen um die vielfältige Verwobenheit psychischer Störungen und ihre Auswirkungen auf den Lebensalltag von Betroffenen erforderlich. Psychische Krankheit wird in vielfältiger Weise sichtbar und zeigt sich z. B. in gestörten Beziehungen, verzerrten Wahrnehmungen, Ängsten, dem Erleben von Anders-Sein, Gefühllosigkeit, Traurigkeit, Wut, Gespannt- oder Getrieben- Sein oder trotz aller Anstrengungen, das Geschehen nicht beeinflussen zu können und ihm hilflos ausgeliefert zu sein. Medizin: kommt von dem lateinischen Wort medicina (Heilkunst, Heilmittel, Arznei; mederi = heilen, helfen), Lehre vom kranken und gesunden Menschen, von Krankheiten und ihrer Behandlung.

Pflege: Fürsorge, Sorge, Betreuung, Schutz, Hut, Obhut, Umhegung, Wartung, Versorgung, aber auch Erhaltung und Bewahrung.

Pflegerisches Handeln in der Psychiatrie kann in der Regel auch ohne tief greifendes medizinisches Wissen auskommen, wenn genügend pflegerisch-theoretische Kenntnisse vorhanden sind. Viele Themen und Situationen lassen sich jedoch vor dem medizinischen Hintergrund schneller einordnen. Die fachliche Nutzung der medizinischen Erkenntnisse und anderer Wissenschaften hat dann nicht die Unterordnung unter ein bestimmtes Fachgebiet zur Folge, sondern erweitert die Sicht auf den Betroffenen. Abgrenzung und gleichzeitige Betonung des Gemeinsamen fördern die Zusammenarbeit, Kooperation und Koordination. Dies ist sinnvoll und erforderlich und wird in einer integrierten (psychiatrischen) Versorgung angestrebt.

Die Definitionen zeigen, dass sich Pflege und Medizin ergänzen können, da sie den kranken und hilfebedürftigen Menschen aus unterschiedlichen Sichtweisen betrachten, getrennt und zusammen differenzierte vielfältige Angebote machen können, ihre spezifischen Zugangswege zum Patienten haben und in den verschiedenen Situationen auch nutzen müssen und können.

Pflegerisches Handeln wird in unterschiedlichen Ansätzen der einzelnen Punkte dieses Kapitels aufgegriffen und exemplarisch dargelegt. Viele Aspekte lassen sich auf die anderen Kapitel teilweise oder ganz übertragen und vervollständigen somit den pflegerischen Blickwinkel.