Benutzerfreundliche Online-Hilfen - Grundlagen und Umsetzung mit MadCap Flare

von: Petra Thiemann

Vieweg+Teubner (GWV), 2008

ISBN: 9783834894830 , 199 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 32,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Benutzerfreundliche Online-Hilfen - Grundlagen und Umsetzung mit MadCap Flare


 

5 Layout (S. 71-72)

Das Lesen am Bildschirm ist mühsamer als das Lesen von Papier. Verschiedene Studien bis in die 1990er Jahre belegen, dass bei identischem Inhalt Papierleser schneller lesen, länger durchhalten und auch mehr vom Gelesenen behalten als Bildschirmleser. Zumindest die Lesegeschwindigkeit hängt auch vom Bildschirm ab, der oftmals eine schlechtere Auflösung hat, als Papier. Neuere Studien zeigen, dass sich die Lesegeschwindigkeit beim Lesen von flimmerfreien und hochauflösenden Bildschirmen sich immer mehr der Lesegeschwindigkeit von Papier angleicht.

Das Layout einer Online-Hilfe soll die Verständlichkeit eines Textes und damit die Lesbarkeit und die Leserlichkeit unterstützen. Die Leserlichkeit eines Textes bestimmt, wie schnell er gelesen werden kann, wohingegen die Lesbarkeit eines Textes beschreibt, wie einfach sich ein Text lesen, verstehen und nachvollziehen lässt. Die Leserlichkeit bezieht sich damit auf die Gestaltung von Buchstaben, Zeilen und Flächen eines Textes, die Lesbarkeit auf die Wortwahl und Sprache. Das Layout soll die Darbietung der Inhalte an die menschliche Aufnahmefähigkeit unterstützen. („Don’t make me think").

Lesen

Gut lesbare Texte unterstützen den Lesevorgang, das Medium (Papier oder Bildschirm) und die Nutzen-Erwartung der Leser. Beim Lesen folgen die Augen der geschriebenen Zeile von links nach rechts. Wortsilhouetten werden erkannt und als Impulse an das Gehirn weitergeleitet. Die erkannten Worte werden im Gedächtnis mit bereits gespeicherten Begriffen abgeglichen und entschlüsselt. Das dauert für lange oder zusammengesetzte Worte länger als für kurze. Denn: das Auge sieht nur auf wenige Millimeter scharf. Beim Lesen werden lange Wörter in diesen Millimetersprüngen erfasst, im Kurzzeitgedächtnis zusammengesetzt und mit Worten aus dem Gedächtnis abgeglichen:

Sinn wird gesucht. Neue Wörter werden dabei über den Zusammenhang interpretiert und eingeordnet. Je mehr Begriffe bereits im Gedächtnis vorhanden sind, um so schneller und flüssiger liest ein Mensch. Die Lesbarkeit eines Textes hängt somit von der Wortwahl ab, das Verständnis vom Zusammenhang, dem sogenannten Kontext. Sprache bzw. Textstruktur und Textorganisation steuern die Lesbarkeit und Benutzerfreundlichkeit von Online-Hilfen. Lesen ist ein erlernter Vorgang. Seit Jahrhunderten sind wir durch die abendländische Kultur darauf trainiert, von links nach rechts und von oben nach unten zu lesen. Orientierung von Absatz zu Absatz und der Lesefluss von Zeile zu Zeile sind die Grundlagen jeder Textorganisation.

Suchen

Eine Online-Hilfe muss unterschiedlichen Suchstrategien gerecht werden. Abhängig vom Bildschirm kann die Lesegeschwindigkeit bis zu 30% langsamer sein, als von Papier. Es findet kein genaues Lesen statt, sondern eher ein „Scannen", wie es Jacob Nielsen nennt. Das bedeutet, dass auf der Suche nach relevanten Informationen das Auge sozusagen von Aufmerker zu Aufmerker auf der Seite springt, immer auf der Suche nach Ankerwörtern, die zu der gesuchten Information führen sollen. Die Aufmerksamkeitspsychologie definiert das Scannen ähnlich und unterscheidet zwei Aufmerksamkeitsarten: die schwebende und die fokussierte Aufmerksamkeit.

Nutzer mit schwebender Aufmerksamkeit haben einen uneindeutigen Blick auf den Gesamtinhalt und scannen im Text nach den hervorstechendsten Stellen. Dabei erfassen sie eine breite Menge an Informationen parallel, etwa 50% des Inhalts eines Topics. Ein Nutzer mit fokussierter Aufmerksamkeit nimmt nur die aktuell passenden Informationen wahr. Alles Störende wird so weit wie möglich unterdrückt oder ausgefiltert, er „skimmt" ein Topic. Die Verarbeitungskapazität ist dabei im Vergleich zur schwebenden Aufmerksamkeit geringer und erfasst ca. 30% des Gesamtinhaltes eines Topics. Eine besonders abwechslungsreiche Präsentation erfreut den ersten Lesertyp, frustriert aber den zweiten Typ.