Werbeaufgaben im Physikunterricht - Motivations- und Lernwirksamkeit authentischer Texte

von: Patrik Vogt

Vieweg+Teubner (GWV), 2010

ISBN: 9783834897398 , 310 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 49,44 EUR

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Werbeaufgaben im Physikunterricht - Motivations- und Lernwirksamkeit authentischer Texte


 

2 Modified-Anchored-Instruction: Ein Forschungs- und Interventionsprogramm (S. 5-6)

Die vorliegende Arbeit zur Motivations- und Lernwirksamkeit authentischer Texte (insbesondere Werbetexte) im Physikunterricht der Sekundarstufe I gliedert sich in ein umfangreiches Forschungsprogramm des Lehrstuhls Physik der Universität Koblenz- Landau, Campus Landau ein, in dessen Rahmen verschiedene Realisierungsansätze von kontextorientierten Aufgabenstellungen auf der Basis der „Anchored-Instruction“- Theorie ausgearbeitet und untersucht werden (Müller et al., 2010). Hierzu zählen Aufgaben zu

- Zeitungsartikeln,
- Werbeanzeigen,
- Originalarbeiten,
- dekorativen Bildern
- sowie Comics und Cartoons.

Analog zu einem Forschungsprogramm in den Fachwissenschaften sind auch die einzelnen fachdidaktischen Projekte unserer Arbeitsgruppe eng miteinander verzahnt, beruhen auf demselben theoretischen Hintergrund und nutzen zumindest teilweise die gleiche Infrastruktur (z. B. Lehrernetzwerk), die gleichen Erhebungsinstrumente, Versuchsdesigns sowie statistischen Methoden.

Da der Ausgangspunkt wie auch der theoretische Hintergrund des übergeordneten Forschungsvorhabens von Kuhn und Müller bereits mehrfach publiziert wurden (z. B. Kuhn & Müller, 2005a; Kuhn & Müller, 2005b), erfolgt hierzu an dieser Stelle ausschließlich eine überblicksartige Darstellung der wesentlichen Aspekte. Für ausführliche Erläuterungen sei insbesondere auf die Habilitationsschrift von Kuhn (2008) verwiesen, an der sich die Darstellungen dieses Kapitels grundsätzlich orientieren.

2.1 Ausgangspunkt des Forschungsprogramms


Aufbauend auf den hinlänglich bekannten internationalen Schulleistungsvergleichsstudien der letzten Jahre (z. B. TIMSS und PISA) liegen umfangreiche Analysen vor. Ein entscheidendes Ergebnis dieser Analysen sind die Leistungsschwächen deutscher Schülerinnen und Schüler bei der Anwendung des Gelernten auf neue inner- und außerfachliche Problemstellungen (BLK, 1997) sowie die in dieser Hinsicht konsequente Forderung der hervorgehobenen Bedeutung einer neuen „Aufgabenkultur“ (Kuhn & Müller, 2005b).

In der Fachdidaktik begründet man dieses Defizit damit, dass Begriffe und Inhalte im traditionellen Physikunterricht in einem reinen Schulkontext erlebt werden, welcher mit „der Welt draußen“ kaum etwas zu tun hat (Müller, 2006). Müller spricht in diesem Zusammenhang von einer „synthetischen Wirklichkeit“, die sich u. a. dadurch ergibt, dass man im Physikunterricht weitestgehend mit Gegenständen arbeitet, die man sonst nirgendwo sieht, Begriffe verwendet, welche man im Alltag niemals benötigt und Handlungen vollzieht, die im täglichen Leben keine Rolle spielen.

Um dieser Situation entgegenzuwirken und somit die Problematik des „trägen Wissens“1 zu lösen, wird seit langer Zeit die Forderung eines kontextorientierten Unterrichts erhoben. Diese wird von der instruktionspsychologischen Theorie des Situierten Lernens gestützt, die davon ausgeht, dass Lernen nicht isoliert erfolgt, sondern stets episodisch sowie in einem sozialen und inhaltlichen Kontext, welcher zu einem impliziten Bestandteil des Lerninhalts wird (Schnotz, 2006).

Da das erworbene Wissen mit den sozialen und inhaltlichen Erfahrungen verbunden bleibt, lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass es neben einem wohl organisierten, sachsystematischen Wissenserwerbs von Anfang an einer Nutzung des erworbenen Wissens in lebensnahen, sozialen und problemorientierten Kontexten bedarf (Weinert, 1998). Unterricht ist also so zu gestalten, dass sowohl eine systematische Entwicklung der Begrifflichkeit als auch eine Anbindung an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler möglich ist (Häußler et al., 1998). Reinmann-Rothmeier & Mandel (2001) empfehlen in diesem Zusammenhang, an den Ausgangspunkt des Lernens authentische Probleme zu stellen, die aufgrund ihres Realitätsgehalts und ihrer Relevanz dazu motivieren, neues Wissen oder Fertigkeiten zu erwerben.