Intensivstation zu Hause

von: Julia Lademann

Hogrefe AG, 2007

ISBN: 9783456944883 , 252 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 26,99 EUR

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Intensivstation zu Hause


 

4. Methodisches Vorgehen (S. 65-66)

Im Vordergrund dieser Studie steht die Untersuchung der Perspektiven pflegender Angehöriger. Diese nehmen eine entscheidende Rolle in der häuslichen Versorgung Schwerstkranker ein, weshalb ihre Sichtweise auf das Versorgungssystem erhoben werden soll. Entsprechend diesem Forschungsgegenstand ist ein explorativqualitatives Vorgehen methodisch angemessen. Da die technikintensive ambulante Schwerstkrankenpflege in Deutschland bislang kaum beforscht ist, dient der explorative Zugang einer ersten wissenschaftlichen Erschließung dieses Feldes. Darüber hinaus dient der methodisch qualitative Zugriff der Erfassung der Betroffenenperspektive, die im Zentrum des Interesses steht.

Im Folgenden wird zunächst die Bedeutung der qualitativen Forschung innerhalb der Gesundheits- und Pflegewissenschaften aufgezeigt, sowie auf Gütekriterien dieser Methodik eingegangen. Die Wahl der hier verwendeten Grounded Theory als Forschungsstrategie und dem daraus abgeleiteten Vorgehen in Datenerhebung und Auswertung wird zunächst aus methodologischer Perspektive und dann konkret bezogen auf das Vorgehen im Rahmen dieser Studie vorgestellt. Eine kritische Reflexion bezüglich Methodenwahl und methodischer Realisierung runden schließlich die folgende Darstellung ab.

4.1 Qualitative Forschung in den Gesundheits- und Pflegewissenschaften

Traditionell wird im Bereich Public Health mit quantitativen Methoden gearbeitet, da oftmals epidemiologische Fragestellungen im Vordergrund stehen. Mit der Etablierung der Gesundheitswissenschaften als wissenschaftlicher Disziplin in Deutschland wurden in den einschlägigen Lehr- und Handbüchern in erster Linie quantitative Methoden behandelt (exemplarisch Hurrelmann & Laaser 1993). Dennoch gibt es durchaus schon eine längere Tradition, die Thematik um Gesundheit und Krankheit mittels qualitativer Methoden zu beforschen, besonders in den Sozialwissenschaften.

Die Bedeutung von Gesundheit und Krankheit sowie deren Herstellung bzw. Bewältigung im Rahmen gesundheitlicher Versorgung kann nur vor einem gesellschaftlichen und damit sozialen Hintergrund verstanden werden. Dies wird innerhalb der gesundheitswissenschaftlichen Forschung seit Ende der 1990er Jahre zunehmend aufgegriffen. So werden in dem von Hurrelmann und Laaser 1998 neu herausgegebenen und überarbeiteten „Handbuch Gesundheitswissenschaften" sowie in dem von Schwartz et al. (2003) herausgegebenen „Public Health Buch" die qualitativen Methoden unter dem Stichwort der sozialwissen schaftlichen Verfahren in den Gesundheitswissenschaften behandelt.1 Auch in der neueren Methodenliteratur wird die Verwendung qualitativer Methoden „in den eher angewandten Fächern wie Sozialarbeit, Pflegewissenschaften oder Public Health" (Flick, Kardoff & Steinke 2000, S. 13) empfohlen.

Zur Bearbeitung pflegewissenschaftlicher Fragestellungen haben qualitative Methoden eine breite Anwendung gefunden, nicht nur, weil sich Pflege in einem sozialen Kontext abspielt, in dem individuelles Erleben und subjektive Bedeutungen eine entscheidende Rolle spielen, sondern auch weil Pflege ein bislang wenig wissenschaftlich beforschtes Gebiet darstellt, dem sich in vielerlei Hinsicht zunächst explorativ zu nähern ist.

Im angloamerikanischen Raum hat die qualitative Pflegeforschung bereits eine längere Tradition: So ist der Anteil wissenschaftlicher Publikationen in vier einschlägigen amerikanischen Pflegefachzeitschriften zwischen 1988 und 1992 um mehr als das Dreifache gestiegen (Liehr &Taft Marcus 1996). In Deutschland wird die qualitative Pflegeforschung dagegen erst seit etwa Mitte der 1990er Jahre aufgenommen und zwar in Form von (aus dem angloamerikanischen) übersetzten Lehrbüchern sowie eigenen Bearbeitungen (Schaeffer & Müller-Mundt 2002, Haller 2000, Morse & Field 1998, Holloway & Wheeler 1998, LoBiondo-Wood & Haber 1996).