Evidenzbasierte Medizin in Anästhesie und Intensivmedizin

von: R. Kuhlen, R. Rossaint

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540268581 , 194 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 54,99 EUR

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Evidenzbasierte Medizin in Anästhesie und Intensivmedizin


 

9 Chirurgische Optionen bei Herzinsuffizienz (S. 97-98)

Die Therapie der chronischen Herzinsuffizienz ist aufgrund ihrer Häufigkeit (1–2% der Bevölkerung, pro Jahr ca. 80.000 Neuerkrankungen in Deutschland), der schlechten Prognose (5- Jahres-Überlebensrate <,40%, bei Patienten im NYHA-Stadium IV 6-Monats Überlebensrate 50%) und auch ihrer sozioökonomischen Effekte von größtem Interesse [38, 50, 53, 64, 78]. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden, älteren und multimorbiden Bevölkerung. Etwa 10% aller über 65jährigen leiden an chronischer Herzinsuffizienz, die in dieser Altersgruppe der häufigste Hospitalisierungsgrund ist [40].

Angesichts der begrenzten finanziellen Ressourcen sind Mediziner zunehmend gefordert, sich nicht nur über die Optimierung der Therapie der ihnen anvertrauten Patienten Gedanken zu machen, sondern auch über deren Kosten. Aus diesem Grund rücken immer mehr Kosten- Nutzen-Analysen in den Vordergrund [40, 78] – allerdings sind diese im Gesundheitssystem aus ethisch-moralischen Gründen äußerst schwierig. In den vergangenen Jahrzehnten wurden in der medikamentösen Therapie der chronischen Herzinsuffizienz enorme Fortschritte erzielt. Die Indikation zur Therapie ist sowohl bei jedem symptomatischen Patienten als auch bei jedem asymptomatischen Patienten mit einer Ejektionsfraktion <,40% gegeben [43]. Neben der üblichen nicht-medikamentösen Therapie (Normalisierung des Körpergewichts und der Blutfettwerte, Salz- und Flüssigkeitsrestriktion, Verzicht auf Nikotin und Alkohol, adäquates körperliches Training) sind besonders große Fortschritte durch die Einführung der ACE-Hemmer erzielt worden, die heute die Basis der Herzinsuffizienztherapie darstellen.

Weiterhin kommen in Abhängigkeit vom NYHA-Stadium und der individuellen Symptomatik Diuretika und ?-Blocker zum Einsatz. Eine Überlegenheit der AT1-Rezeptor-Blocker gegenüber der ACE-Hemmer-Therapie ließ sich bislang nicht belegen. Bei Patienten mit Vorhofflimmern und Vergrößerung des linken Vorhofes ist zur Senkung des Thromboembolierisikos eine Antikoagulation und ggf. eine antiarrhythmische Therapie mit ?-Blockern, Glykosiden oder Amiodaron indiziert.

Bei Patienten mit ventrikulären Herzrhythmusstörungen kommt v. a. Amiodaron zum Einsatz, ggf. ist die Indikation zur Implantation eines Defibrillators zu prüfen. Trotz der Weiterentwicklungen der medikamentösen Therapie handelt es sich bei der chronischen Herzinsuffizienz immer noch um eine progrediente Erkrankung, die im Endstadium zu chirurgischen Maßnahmen zwingt. Seit der ersten erfolgreichen Herztransplantation 1967 durch Christiaan Barnard hat sich diese Operation zur Therapie der Wahl bei Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz entwickelt. Aufgrund der mit dieser Therapie zwangsläufig verbundenen Komplikationen (z. B. Abstoßung und Infektion) und der immer größer werdenden Diskrepanz zwischen der Anzahl der Organspender und -empfänger sind in den letzten Jahren zunehmend andere Therapieformen entwickelt worden.

Das vorliegende Kapitel gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand der chirurgischen Therapieoptionen bei terminaler Herzinsuffizienz und einen Ausblick über neue chirurgische Therapieverfahren. Zusätzlich sollen die beschriebenen Therapieverfahren überprüft werden, ob sie den Kriterien evidenzbasierter Medizin standhalten können. Hierbei sollen die Ergebnisse nach folgenden Kriterien bewertet werden [56]: ,

- Level I: Große, randomisierte Studien mit klaren Endpunkten, kleines Risiko eines falsch-positiven (?) oder falsch-negativen (?) Fehlers
- Level II: Kleine, randomisierte Studien mit unsicheren Ergebnissen, moderates bis hohes Risiko eines falsch-positiven (?) und/ oder falsch-negativen (?) Fehlers
- Level III: Nicht randomisierte Verlaufsbeobachtungen
- Level IV: Nicht randomisierte retrospektive Analysen und Expertenmeinungen
- Level V: Fallserien, nicht kontrollierte Studien und Expertenmeinungen