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DIVERSES DIE ZUKUNFT GEHÖRT DEM GARTEN (S. 298-299)
GESPRÄCH MIT PROFESSOR KISKER VOR SEINER EMERITIERUNG
Heller Wahn: Wann haben Sie sich eigentlich in Ihrem Leben entschieden, Psychiater zu werden? Kisker: Ich habe eigentlich sehr früh gewusst, was ich werden wollte. Dass ich Psychiater werden wollte, ist mir so mit 17/18 Jahren klar geworden, als ich zum ersten Mal, und das war damals noch verboten, es war Kriegszeit, ein Buch von Freud in die Hände bekam, und seither habe ich dann viel Freud gelesen. Als ich aus dem Krieg zurückkam, habe ich in Heidelberg begonnen, Medizin zu studieren.
Nach einigen Semestern begann ich zusätzlich, Psychologie zu studieren, brachte beide Studien Anfang der 50er-Jahre zum Abschluss und bin dann in der Heidelberger Psychiatrischen Klinik fachlich groß geworden. Das war zunächst eine sehr strikte und traditionelle Klinik, die allerdings dann unter ihrem neuen Chef, Prof. von Baeyer, sich sehr geöffnet hat für erste Ansätze sozialtherapeutischer Behandlungen, besonders auch für psychotherapeutische Behandlungen bei schweren seelischen Leiden. Das hat mich sehr geprägt, und mit diesen Ideen bin ich damals – 1966 – nach Hannover gekommen.
Heller Wahn: Was hat Sie an der Psychiatrie so fasziniert?
Kisker: An der Psychiatrie hat mich fasziniert und fasziniert mich auch weiterhin, dass in dieser Arbeit der leidende Mensch als Ganzes in den Blick kommt, dass Körper und Seele hier nicht voneinander trennbar sind, und dass immer das gesamte Lebensfeld, in dem der Patient lebt und vielleicht auch leidet, mitgesehen werden muss. Heller Wahn: Versuchen Sie bitte einmal in groben Zügen zu bilanzieren, was aus Ihrer Sicht geschehen ist in der Zeit Ihrer Tätigkeit an der MHH.
Kisker: Also die erste Etappe war 1965/66 bis 1972, da war zwar die Klinik klein, wir waren nur eine Gruppe von vielleicht 20 Mitarbeitern und suchten so die ersten Ansätze, als wir noch im Landeskrankenhaus Wunstorf gearbeitet haben. Das war eine interessante, experimentelle Situation. Wir haben damals noch nicht sektorisiert gearbeitet, wir haben Patienten aus dem Landeskrankenhaus aufgenommen, bekamen aber zunehmend dann auch Patienten von weiter weg.
Letzten Endes waren das dann überwiegend ausgewählte Patienten mit psychotischen Erkrankungen, die aus der Mittelschicht oder aus der Oberschicht stammten, und die nicht selten eine höhere Berufsausbildung hatten. Mit denen zu arbeiten war gewiss interessant, aber eben auch einseitig. Wir hatten vor allen Dingen gar keine Möglichkeiten, diese Patienten auch dann weiterzubehandeln, wenn die stationäre Behandlungsphase vorbei war. Wir haben also viel experimentiert, es wurde viel psychotherapeutisch gearbeitet, es wurde viel dynamische Gruppenarbeit gemacht und es bestand eine große Aufbruchstimmung.
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