Immer Ärger mit Vampiren

von: Lynsay Sands

LYX, 2011

ISBN: 9783802588143 , 368 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Immer Ärger mit Vampiren


 

2

„Raus hier!“

Terri starrte das entsetzte Gesicht ihres Gastgebers an. Sie konnte kaum glauben, dass er sich plötzlich gegen sie gewandt hatte und sie nun rauswerfen wollte, nachdem sie kaum seine Wohnung erreicht hatten.

Die Fahrt hatte beinahe eine Stunde gedauert. Sie und Bastien hatten sich die meiste Zeit über unterhalten und Terri hatte versucht, seinen Akzent einzuordnen, den sie sehr ungewöhnlich fand. Manchmal sprach er mit der Förmlichkeit längst vergangener Zeiten, benutzte aber auch ebenso oft moderne Ausdrücke. Terri glaubte, den Anklang eines Londoner Akzents herauszuhören, war sich aber nicht sicher. Als es ihr nicht gelungen war, seine Herkunft dadurch herauszufinden, dass sie ihm zuhörte, hatte sie versucht, seinen Ursprung zu klären, indem sie seine Züge betrachtete – aber das hatte sie auch nicht weitergebracht. Das dunkle Haar ließ ihn beinahe südländisch aussehen, aber die helle Haut sprach dagegen. Was den Namen anging, der war natürlich eindeutig französisch. Kate hatte erwähnt, dass die Familie aus Kanada stammte und in Toronto wohnte, was, wie Terri wusste, in Ontario lag. Es konnte sich selbstverständlich trotzdem um eine frankokanadische Familie handeln. Und vielleicht war, was sie für die Spur eines englischen Akzents hielt, ja einfach kanadisch. Sie war schon ein paar Kanadiern begegnet, hatte aber nicht sonderlich auf deren Akzent geachtet.

Schließlich musste sie zugeben, dass sie den Akzent nicht zuordnen konnte, und nahm sich vor, Kate nachher zu fragen. Sie gab es auf, seine Herkunft ergründen zu wollen, und konzentrierte sich lieber auf das Gespräch mit ihm. Meist unterhielten sie sich über unverfängliche Themen wie das Wetter oder die Hochzeit; über Themen also, die nichts Persönliches enthüllten und die, wie Terri sehr wohl wusste, dazu gedacht waren, dass sie sich diesem relativ fremden Mann gegenüber wohl und unbeschwert fühlte, denn immerhin würde sie bei ihm wohnen. Er versicherte ihr mehrmals, dass sie in seinem Heim willkommen sei, und er brachte erneut zur Sprache, dass er schrecklich beschäftigt und wahrscheinlich nicht viel in der Wohnung sein und sie deshalb nicht stören werde.

Am Ende hatte sich Terri, als sie in der Tiefgarage des Argeneau-Gebäudes angekommen waren, ziemlich entspannt gefühlt, was die ganze Sache anging. Sie hatten weitergeplaudert und gelacht, als sie ihr Gepäck aus dem Kofferraum nahmen. Lucern hatte sogar aufgehört zu schreiben und sich dem Gespräch angeschlossen, ihren Bordkoffer genommen und war Bastien und ihr in den Fahrstuhl zum Penthouse gefolgt. Sie hatten alle geschmunzelt, als Bastien seinen Bruder damit aufzog, vollkommen „blind vor Liebe“ zu sein, dann hatte sich die Fahrstuhltür wieder geöffnet und Bastien wollte sie gerade in sein Heim führen, als er erschrocken und wie angewurzelt stehen blieb und rief: „Raus hier!“

So viel also dazu, in seinem Heim willkommen zu sein …

„Bastien?“ Lucern hob seine Stimme zur Frage, als er Terris Koffer absetzte und an ihr vorbeiging. „Was …

So, wie seine Stimme abbrach, als er in den Raum vor ihnen schaute – einen Raum, den Terri noch nicht sehen konnte, weil Bastiens breite Schultern im Weg waren –, wusste sie, dass dort etwas sehr Interessantes stattfand.

„Vincent!“, bellte Lucern. „Lass Bastiens Haushälterin los!“

Das war eindeutig zu viel für Terri. Sie ging um Bastien herum und spähte in das Wohnzimmer und zu dem Paar dort. Auf den ersten Blick schien es, als ob sie eine leidenschaftliche Umarmung unterbrochen hätten, aber das war nur der erste Eindruck gewesen. Dann bemerkte Terri, dass der Mann, bei dem es sich wohl um Vincent handelte, ein schwarzes Cape trug und dass sie nicht etwa Zeugen einer leidenschaftlichen Szene, sondern einer klassischen Vampirumarmung geworden waren. Es sah aus, als würde der Vampir die ältere Dame in den Hals beißen.

Terri spürte, wie sie die Brauen hochzog, als sich Hände schwer auf ihre Schultern legten. Es waren Bastiens Hände, nahm sie an, da Lucern sich vor ihr befand, aber das kam ihr erst in dem Moment zu Bewusstsein, als Lucern wieder anfing zu brüllen.

„Verdammt noch mal, Vinny! Lass die Frau los!“

„Du weißt, wie sehr ich es hasse, wenn man mich Vinny nennt, Luc. Nenn mich Vincent. Oder noch besser, nenn mich Dracul“, maßregelte ihn der Bursche mit einem lächerlich aufgesetzten osteuropäischen Akzent. Er richtete sich von der älteren Frau auf und wandte sich ihnen zu. Einen Moment stand Zorn in seinem Blick, dann entdeckte er Terri. Seine mürrische Miene wich einem verführerischen Lächeln.

Er ließ die schwankende Haushälterin einfach stehen und durchquerte den Raum, bis er vor Terri stand. Sein Lächeln war anziehend und irritierend zugleich, seine Augen waren silbrigblau und hatten einen hungrigen Ausdruck, der ihre Aufmerksamkeit erregte. Er nahm ihre Hand.

„Enchanté“, raunte er.

Terri öffnete den Mund, um zu antworten, hielt aber überrascht inne, als der Mann ihre Hand umdrehte und seine Lippen auf ihr Handgelenk drückte.

„Hör sofort auf!“ Bastien trat zur Seite, zog Terri mit einer Hand am Ellbogen weg und versetzte Vincent mit der anderen Hand einen Klaps gegen den Hinterkopf. Wäre nicht bereits die Tatsache, dass alle drei Männer diese einzigartigen silbrigblauen Augen und dieses dunkle, attraktive Aussehen hatten, aussagekräftig genug gewesen, hätte ihr diese ein gewisses Maß an Vertrautheit voraussetzende Geste deutlich gemacht, dass Vincent offensichtlich ebenfalls ein Argeneau war. „Was zum Teufel machst du hier, Vincent?“

„Dracul“, beharrte er mit einem Schniefen, dann drehte er sich um und stakste zum nächsten Sessel. Er fasste sein Cape und hielt es leicht von sich weg, sodass es um ihn herumwirbelte, als er sich umdrehte. Dann ließ er sich dramatisch auf den Sessel fallen. „Ich habe die Hauptrolle in Dracula. Dem Musical.“

„Dracula das Musical?“, wiederholte Bastien ungläubig.

Vincent grinste. „Ja. Cool, oder? Die Hauptrolle.“ Er nickte. „Es ist meine Bühnenpräsenz.“

„Lieber Himmel“, hörte Terri Bastien hauchen. Er schien entsetzt über die ganze Szene zu sein, aber sie fand es faszinierend. Sie arbeitete oft nebenbei im Stadttheater und liebte alles, was mit diesem Thema zusammenhing. Sie entzog sich dem leichten Griff ihres Gastgebers, ging zum Sofa und setzte sich auf die Kante, um zu fragen: „Arbeitest du nach der Strasberg-Methode?“

„Ja, genau!“ Er strahlte sie an. „Woher weißt du das?“

„Die Szene, die wir unterbrochen haben, legt das nahe. Äh …“ Terris Worte wichen überraschtem Schweigen, als sie bei einem Blick durch den Raum wahrnahm, dass die Haushälterin nicht mehr schwankte, sondern ohnmächtig geworden war. Lucern hob sie vom Boden hoch.

„Wo ist ihr Zimmer, Bastien?“, fragte er, als die beiden Männer sich umdrehten und bemerkten, was geschehen war.

„Oh. Ich zeige …“ Bastien blieb abrupt stehen und warf Terri einen unsicheren Blick zu, als wolle er sie nicht mit Vincent allein lassen.

Doch das Problem löste sich von selbst, als sein Bruder ihn aufforderte: „Sag es mir einfach, und ich bringe sie zu ihrem Bett.“

Dort entlang, das letzte Zimmer rechts“, erklärte Bastien und zeigte dabei auf einen der beiden Flure, die von dem großen Wohnzimmer ausgingen.

Terri schüttelte den Kopf und sah zu, wie Lucern die Frau hinaustrug. Die Haushälterin hatte Vincents Schauspielversuch nicht sonderlich positiv aufgenommen. Sie hatte überreagiert; offenbar eine sehr sensible Person. Terri wandte sich dem Schauspieler zu. „Wie ich schon sagte, die Szene, bei der wir hereingeplatzt sind, hat mir das verraten. Du musst also deine Rollen leben, damit sie sich für dich echt anfühlen. Du musst sie bis in die kleinste Einzelheit beherrschen?“

„Ja.“ Vincent grinste. „Das tue ich immer. Wenn ich einen Barkeeper spiele, stehe ich eine Weile hinter einer Bar. Wenn ich einen Verkäufer darstelle, suche ich mir einen entsprechenden Job. Was auch immer. Zum Glück brauchte ich bei dieser Rolle nicht …

„Vinny!“ Bastiens Tonfall ließ sowohl Terri als auch Vincent zu ihm herumfahren. Bastiens Miene war furchterregend, und zwar so sehr, dass der Schauspieler nicht einmal mehr den Namen korrigierte. Tatsächlich schien er dem Tonfall mehr zu entnehmen als Terri, denn nach einem Augenblick des Schweigens zog er die Brauen hoch.

„Sie ist also keine von uns?“

„Nein.“ Bastiens Miene war eisig. Terri war ein wenig erschrocken über diese Veränderung. Er war ihr so attraktiv und freundlich vorgekommen, doch jetzt wirkte er gefährlich. Wenn auch auf attraktive Weise, dachte sie schließlich, als ihr Blick über seine breiten Schultern glitt und sie den Zuschnitt seines Anzugs bewunderte. Er war ein gut...