Suchen und Finden
(S. 14-15)
Das Telefon meldete sich wie immer im denkbar ungünstigsten Augenblick. Gerade hatte ich es mir mit Linda McCain auf dem Sofa in meinem Apartment bequem gemacht. Die sexy Blondine, vom Beruf Chefredakteurin des Lifestyle- und Frauenmagazins ›Female‹, und ich waren seit einiger Zeit ein Paar – mehr oder weniger. Denn unser beider Jobs sorgten dafür, dass wir nur sehr wenig Freizeit hatten und damit leider auch sehr wenig Zeit füreinander. Mal wurde ich tagelang von ihr vertröstet, weil das monatlich erscheinende Magazin ›Female‹ kurz vor der Schlussredaktion stand, mal arbeitete ich über mehrere Tage hinweg an einem heißen Fall.
Das war der Grund, weshalb es hin und wieder in unserer Beziehung kriselte. Aber nach dem letzten Streit hatten wir uns wieder zusammengerauft, und jetzt genoss ich Lindas prickelnde Nähe. Das atemberaubende Girl mit der blonden Mähne drängte ihren verführerischen Körper gerade voller Verlangen an mich – als das verwünschte Telefon laut losdudelte. Linda im Arm, die meinen Hals mit heißen Küssen liebkoste, griff ich nach dem Hörer. »Ja?«, meldete ich mich. »Hallo, Onkel Jeremias. Hier ist Will!« Ich stöhnte laut auf. Mein ›heißgeliebter‹ Neffe Will Cotton hatte ein ganz besonderes Talent dafür, in den unmöglichsten Situationen zu stören. »Will!«, schnauzte ich in den Hörer, während Linda an meinem Ohrläppchen knabberte.
»Junge, hast du eine Ahnung, wie spät es ist?« »Natürlich, gerade mal kurz vor acht – äh, zumindest hier in Kalifornien. Ich habe dich doch nicht etwa geweckt?« »Nein«, erwidere ich unwirsch, während Linda begann, mit spitzen Fingern die Knöpfe meines Hemdes zu öffnen. Dabei entfuhr ihr ein leiser, spitzer Schrei. »Was war das?«, fragte Will. »Nichts.« »Was soll das heißen, nichts? Ich kenne dieses Geräusch, Jeremias – vielleicht besser als jeder andere. Du hast doch nicht etwa Damenbesuch?« »Doch«, erwiderte ich seufzend, hoffend, dass ich die blutsverwandte Nervensäge damit loswerden würde.
Doch weit gefehlt. »Jeremias, du alter Schwerenöter!«, schrie Will so laut in den Hörer, dass Linda es zwangsläufig hören musste. Ein Grinsen glitt über ihr hübsches, sonnengebräuntes Gesicht, und sie kicherte leise. »Halt die Klappe, Will, okay?«, knurrte ich entnervt. »Rufst du nur an, um mir den letzten Nerv zu töten?« »Nein, ist nur ’n kleiner Nebenverdienst. Eigentlich rufe ich dienstlich an.« »Ach ja?« »Ja, es gibt da einen Fall, an dem Donna und ich gerade arbeiten. Ich dachte, der würde dich vielleicht interessieren.«
»Oh, natürlich interessieren mich die Fälle, die mein kleiner Neffe bearbeitet«, sagte ich sarkastisch. »Warum schreibst du keine Romane darüber?« »Hör mir doch mal zu, Jeremias!« »Morgen, Will! Morgen!«, sagte ich, während Lindas offenbar recht erfahrene Hände über meinen Oberkörper wanderten. »Schön, wie du willst. Ich dachte nur, das hier würde dich wirklich interessieren. Es geht um die fünf unbekannten Leichen, die in Manhattan aufgetaucht sind und …«
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