Die Migration indischer Gastarbeiter in die Vereinigten Arabischen Emirate

von: Holger Simon

Diplomica Verlag GmbH, 2009

ISBN: 9783836625999 , 133 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 43,00 EUR

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Die Migration indischer Gastarbeiter in die Vereinigten Arabischen Emirate


 

Kapitel 2.1, Die Geschichte und Entstehung von Arbeitsmigration in der Golfregion: Vor der Entdeckung des Erdöls basierte die Wirtschaft der Golfregion auf Perlentaucherei, Fischerei, Handel und in begrenztem Maße Landwirtschaft. Auch Piraterie war noch im 19. Jahrhundert eine wichtige Einnahmequelle für die dort heimischen Beduinenstämme. Diese, auch an den zwischen Mesopotamien und Indien verkehrenden Handelsschiffen der British East India Company betriebene Piraterie war der Grund für die Britische Regierung, in der Mitte des 18. Jahrhunderts den dortigen „Piratennestern“ den Kampf anzusagen. Als Folge dieser Kämpfe, bei denen die gesamte Flotte des Stammes der Qaw?sim zerstört wurde, erreichten die Briten einerseits das Ziel, die Sicherheit für ihre Schiffe in Zukunft zu gewährleisten. Andererseits wurde durch die Zerstörung der Schiffe auch ein wichtiger Konkurrent im Seehandel ausgeschaltet. Mit der Stationierung von Soldaten in Ras Al-Khaimah schufen sich die Briten eine Basis am Persischen Golf und nahmen ab diesem Zeitpunkt eine wichtige Machtposition in der Region ein. Im Jahre 1820 trafen sie erste Vereinbarungen mit den Scheichs der auf dem Gebiet der heutigen VAE, in Bahrain und des Oman ansässigen Beduinenstämme, um das Piratentum einzudämmen. Die dann im Jahre 1835 getroffene „maritime Waffenruhe“, zunächst für die Zeit der Perlenfischereisaison, und der daraus 1853 hervorgegangene Vertrag über dauernden Waffenstillstand waren wichtige Ergebnisse ihrer Bemühungen um Sicherheit in dieser Region. Die Vorherrschaft für die Region sicherten sich die Briten, indem sie z.B. Verträge mit den Scheichs der sieben Emirate abschlossen, die einerseits anderen Nationen untersagten, diplomatische Vertretungen zu errichten (1892) und ihnen andererseits exklusive Rechte für die Förderung von Erdöl zusicherten (1922). Die sieben Emirate, welche auch als Vertragsstaaten (Trucial States) bezeichnet wurden, erhielten den Status eines britischen Protektorats. Alle, aus anderen Teilen des Imperiums kommenden Menschen, genossen in den Vertragsstaaten britischen Schutz. Dies betraf auch die sich dort aufhaltenden indischen Händler, zu deren wichtigen Handelsgütern Gewürze aus dem Süden von Indien, Zucker, Kaffee, Nahrungsmittel aber auch die Perlen aus der Golfregion zählten. Als in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts britische Firmen Anstrengungen unternahmen, Erdöl in der Golfregion zu finden und sich dafür Arbeitskräfte aus ihrer Kolonie Indien beschafften, kamen die ersten indischen Arbeitsmigranten in das Gebiet. Für die Briten war es nahe liegend ihre Arbeiter aus einer Region zu rekrutieren, deren Bewohner ihnen vertraut und darüber hinaus (mehr oder weniger) ihrer Sprache mächtig waren. Zudem waren es billige Arbeitskräfte und der bürokratische Aufwand einer Überführung aus der eigenen Kolonie war überschaubar. Diesem Vorgang der Rekrutierung von Gastarbeitern aus Indien setzte die Unabhängigkeit Indiens im Jahre 1947 kein Ende. Auch postkolonial fand er seine Fortsetzung. Die britischen Ölbohrfirmen am Golf rekrutierten bis zum Jahre 1950 geschätzte 8000 Arbeiter aus Indien. Der Anteil der Inder unter den Mitarbeitern der Firmen betrug damals z.B. bei der Bahrain Petroleum Company und der Kuwait Oil Company zwischen 85 und 95 %. Migration und Rekrutierung von Arbeitskräften liefen schon damals nicht ausschließlich in formalen Bahnen. Viele Inder, meist von der Westküste aus der Region um Bombay, langten mit kleinen Barkassen an den Küsten der Golfregion an und suchten sich eine Anstellung bei den dort ansässigen Ölbohrfirmen. Ein halbformaler Weg war auch der Folgende: Sich schon länger in der Region aufhaltende Händler und Geschäftsleute meist indischer Herkunft ließen sich von der Regierung (z.B. Bahrain) unter dem Vorwand das eigene Geschäft vergrößern zu wollen, eine Bescheinigung ausstellen, welche es Ihnen gestattete, einen oder mehrere weitere Arbeitsmigranten ins Land zu holen. Diese erreichten das Land, bezahlten dem Händler eine vereinbarte Summe und suchten sich darauf eine Anstellung bei einer Ölbohrfirma. Der „Erfolg“ der Emigranten bzw. die das Heimatland erreichenden Berichte darüber, ließen weitere Inder diesen Weg einschlagen. Die relativ hohen Löhne, die in der Golfregion gezahlt wurden, gaben ihnen Hoffnung auf eine bessere Zukunft. In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit, da sich durch den hohen Ölpreis das Einkommen der Golfstaaten vervielfachte und diese Staaten das Kapital in den Aufbau von Wirtschaft und Infrastruktur investierten, begann man damit, aktiv Arbeitskräfte in arabischen und ostasiatischen Ländern zu rekrutieren. Auf diese Weise nahm ab jener Zeit die Bevölkerung der Golfstaaten, zu denen die sechs Mitglieder des Gulf Cooperation Council (GCC) Saudi Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören, rapide zu. Die Gesamtbevölkerung dieser sechs Staaten betrug im Jahre 1972 noch 800000 Menschen. 1975 wurde sie bereits auf 1,71 Millionen geschätzt. Fünf Jahre später 1980 zählte sie schon 2,82 Millionen Tabelle 1 gibt Auskunft über die Menge an Zuwanderern aus Asien in die sechs GCC- Länder in den Jahren von 1977 bis 1982 (siehe Tab. 1).