Tiffany Exklusiv Band 86 - Im siebten Himmel der Lust

Tiffany Exklusiv Band 86 - Im siebten Himmel der Lust

von: Barbara Ankrum, Jill Shalvis, Tracy Kelleher

CORA Verlag, 2021

ISBN: 9783751500104 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 5,49 EUR

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Tiffany Exklusiv Band 86 - Im siebten Himmel der Lust


 

2. KAPITEL

Nach zwei höllisch anstrengenden Arbeitstagen fuhr Nicole nach Hause. Dass sie ausnahmsweise weder in tiefster Nacht noch ganz früh am Morgen zu Hause ankam, merkte sie daran, dass sie weit und breit keinen freien Parkplatz in South Village fand. Schon gar nicht in der belebten Straße, in der sie wohnte.

In den Geschäften, Galerien und Restaurants tobte das Leben, und Nicole fiel wieder einmal auf, dass offenbar alle Menschen außer ihr ein Privatleben hatten. Andererseits hatte sie schon vor langem entschieden, dass die Medizin ihr Leben war. Im Moment fehlte ihr nur noch ein Parkplatz zum Glück. Nachdem sie immer wieder fluchend um den gesamten Block gekurvt war, fand sie endlich eine Parklücke in ihrer Straße. Der Weg zum Haus tat ihr gut, und beim Gedanken an die frischen Croissants, die sie sich unterwegs gekauft hatte, wurde sie richtig glücklich. Die würde sie gleich essen und dazu die Hamburger, die sie in der zweiten Papiertüte bei sich trug.

Nicole erreichte das Haus mit den Erkern, Türmchen und winzigen Balkons. Die beiden Schaufenster im Erdgeschoss waren leer, doch Suzanne wollte dort ihren eigenen Party-Service aufmachen. Taylor beschäftigte sich Tag und Nacht mit der Renovierung des Hauses, ließ sich Angebote kommen und verkaufte einige ihrer Antiquitäten, um das Ganze zu finanzieren.

Vor den Fenstern im zweiten Stock waren Blumenkästen aufgehängt. Taylors Blumen blühten und grünten, während Suzannes ein bisschen müde wirkten. Suzanne verbrachte jetzt ja auch viel Zeit bei Ryan.

Von ihrer Mutter wurde Nicole oft gefragt, wieso sie sich keine Eigentumswohnung zulege. Als Ärztin müsse sie doch einen Haufen Geld verdienen.

Ein guter Witz, dachte Nicole. Sie war jetzt siebenundzwanzig, und mit vierzig würde sie vielleicht die Hälfte ihres Studiendarlehens abbezahlt haben. Möglicherweise konnte es auch noch etwas länger dauern, da sie oft ehrenamtlich in Krankenhäusern arbeitete, in denen Arme und Obdachlose versorgt wurden. Aber Geld spielte für sie ohnehin keine Rolle. Für sie zählte nur die Arbeit, und da blieb ihr keine Zeit zum Versorgen von Blumen, geschweige denn für ein eigenes Haus.

Genau so gefiel ihr das Leben.

Erschöpft stieg sie die Treppe zu ihrem Apartment im Dachgeschoss hinauf. Draußen war es noch hell, was für sie sehr ungewohnt war. Blinzelnd blickte sie durch ihr Wohnzimmer. Seltsam, wie anders es aussah, wenn die Sonne durch das große Fenster schien. Draußen eilten die Leute in Scharen zu den schicken Cafés und Restaurants, und nach einem Blick auf die Uhr wusste Nicole auch, warum. Es war fünf Uhr nachmittags, und die Leute trafen sich zu einem Drink nach der Arbeit oder einem frühen Dinner. Sie würde nicht auf den Gedanken kommen, sich mit anderen einfach so zu treffen. Wenn sie sich nicht gerade bei der Arbeit verausgabte, dann war sie lieber allein.

Während Nicole eine der drei Fachzeitschriften durchlas, schlang sie ihr Essen hinunter. Hamburger und Pommes frites, das passte zu dem Artikel über neue Arten von künstlichen Arterien.

Die Sonne schien immer noch, als Nicole ins Bad ging. Während sie sich langsam auszog, um eine heiße Dusche zu nehmen, las sie weiter und aß noch ein Croissant.

Mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, das war für sie keine Herausforderung.

Nach der Dusche ging sie nackt zurück in ihr Schlafzimmer und wollte sich gerade ins Bett legen, als ihr Blick auf den Anrufbeantworter fiel. Er blinkte.

Verdammt, im Grunde hasste sie diese Maschine. Leider hatte die Verwaltung des Krankenhauses darauf bestanden, weil man sie sonst in dringenden Fällen kaum erreichen konnte. Seufzend drückte sie auf den Knopf und spulte die Nachricht ab. Wenn es das Krankenhaus war, dann würde sie sich aufs Bett fallen lassen und tot stellen.

„Nicole, meine Kleine, ich bin’s. Deine Mom.“ Die Stimme ihrer Mutter klang fröhlich wie immer.

Glaubt sie, ich erkenne sie nicht an der Stimme?, fragte sich Nicole. Diese Stimme verfolgt mich doch schon mein ganzes Leben.

„Arbeitest du auch nicht zu viel? Kommst du zwischendurch auch mal zur Ruhe? Ernährst du dich vernünftig? Wirst du mich jemals anrufen, um mich zu beruhigen? Damit ich nicht ständig in Sorge bin, dass meine Kleine sich durch ihre viele Arbeit ihr eigenes Grab schaufelt.“

Nicole ließ sich aufs Bett fallen und rubbelte sich mit dem Handtuch das kurze Haar trocken. Wenn es strubbelig nach oben stand, reichte ihr das als Frisur. Hatte sie ihre Mutter nicht erst letzte Woche angerufen? Ein Anruf pro Woche musste reichen, um ihr schlechtes Gewissen zu besänftigen.

„Einmal in der Woche reicht mir einfach nicht, Nicole.“ Anscheinend konnte ihre Mutter auch noch Gedanken lesen. „Ich will deine Stimme hören.“

Nicole verdrehte die Augen, aber gleichzeitig musste sie lachen.

„Liebes, hör zu. Am Sonntag gibt es Gulasch. Dein Vater hat schon deine Schwestern angerufen, und sie kommen alle mit Mann und Kindern. Alle werden hier sein.“

Nicole hatte drei Schwestern, alle verheiratet und mit Reihenhaus, Kombi und mindestens zwei Kindern. Die Vorstellung, dass die ganze lautstarke Truppe glücklich vereint und lachend zusammensaß, weckte in ihr einen Heißhunger auf einen weiteren Hamburger.

„Also, Kleines, du kommst. Wir erwarten dich um vier Uhr, und ich warne dich: Wenn du nicht auftauchst, dann … dann werde ich dich eine Woche lang jeden Tag anrufen.“

Das glaubte Nicole ihr sofort. Ihre Mutter war warmherzig, aber eine Tyrannin, die einen mit ihrer Liebe erdrücken konnte.

Alle Mann unter einem Dach? Nicole dachte an ihre Schwestern, die miteinander lachten und zankten; an Kinder, die mit klebrigen Fingern herumrannten; an Babys in stinkenden Windeln. Allein bei dem Gedanken daran bekam sie Kopfschmerzen. Sie liebte ihre Familie, aber in ihrer Nähe fühlte sie sich immer wie eine Außerirdische. Das war schon immer so gewesen.

Trotz ihres beeindruckenden IQs konnte Nicole nicht gut mit Menschen umgehen, wenn es sich um private oder informelle Kontakte handelte. Ihr fiel es schwer, einfach zu plaudern, und es machte ihr große Schwierigkeiten, eine normale Unterhaltung in Gang zu halten. Dass ihre Familie sie trotzdem liebte, obwohl sie so in sich gekehrt und verschlossen war, konnte Nicole immer noch nicht begreifen. Sie versuchte, nicht zu häufig darüber nachzudenken.

„Dann sehen wir uns am Sonntag.“ Für ihre Mutter schien die Sache klar zu sein. „Es wird Spaß machen, wieder zusammen zu sein.“

Unter Spaß stellte Nicole sich etwas anderes vor. Vielleicht konnte sie eine Extraschicht im Krankenhaus einlegen.

„Ich liebe dich, mein Baby.“

Na gut, dann sollte es eben so sein.

Nicole blieb splitternackt auf dem Bett liegen und vergrub den Kopf unter zwei Kopfkissen. Zwanzig Sekunden später war sie fest eingeschlafen.

Sie träumte. Eigentlich hätte sie gedacht, sie würde heute von der zweiten Operation träumen. Bei dem Patienten war eine Arterie geplatzt, und als sie die Blutung endlich gestillt hatte, war sie von oben bis unten bespritzt gewesen.

Doch das hatte sie alles zurückgelassen, als sie das Krankenhaus verließ. Stattdessen war sie im Traum wieder zwei Jahre alt und lernte die Namen aller ehemaligen Präsidenten der USA auswendig. Ihre Eltern hatten ein Buch über diese Präsidenten, und aus Spaß hatte Nicole ihren altklugen Schwestern Annie und Emma die Liste der Namen dieser Männer von hinten nach vorn aufgesagt.

Damals war allen zum ersten Mal klar geworden, dass Nicole anders als die anderen war.

Mit sechs hatte sie ihrer Schwester Emma bei den Mathehausaufgaben der siebten Klasse geholfen.

Mit zwölf hatte sie Annie geholfen, sich auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Hinter vorgehaltener Hand war Nicole als Genie und Wunderkind bezeichnet worden, dessen IQ mit normalen Tests nicht mehr messbar war.

Während andere Mädchen sich mit Lipgloss, Popgruppen und Jungen beschäftigten, war Nicole von der Wissenschaft fasziniert gewesen. Sie hatte Frösche operiert und tote Käfer seziert. Doch ihre Altersgefährten blieben ihr ein Rätsel.

Jetzt war sie erwachsen, und immer noch war sie anders als die übrigen Menschen. Dabei hätte sie mittlerweile eigentlich lernen müssen, mit anderen umzugehen und geselliger zu werden.

Doch die Wirklichkeit sah anders aus. Sie verabredete sich fast nie. Ihre Bestimmung und ihr ganzes Lebensziel war es, kranke Menschen zu heilen. Ihr Leben hatte sie der Medizin verschrieben.

Und wieso tauchte dann plötzlich in ihrem Traum ein großer dunkelhaariger Mann mit sexy Stimme und irischem Akzent auf? Mit umwerfendem Lächeln und einem Blick, der Sehnsüchte in ihr weckte, die ihr völlig neu waren?

Nicole wälzte sich auf die andere Seite und sank wieder in Tiefschlaf.

„Wach endlich auf, Nicole, du machst mir Angst.“

Nicole kuschelte sich tiefer in die Kissen. „Geh weg, Mom, ich muss heute nicht zur Schule.“

„Wenn ich aussehe, als könnte ich deine Mutter sein, dann habe ich etwas Grundlegendes falsch gemacht.“

Nicole riss die Augen auf, und ihr Herz raste. Gut, dachte sie, ich bin zu Hause. Die Sonne scheint – wie ärgerlich. Und Taylor saß auf ihrem Bett und sah so hinreißend schön und elegant wie immer aus.

Stöhnend machte Nicole die Augen wieder zu. „Ich habe dir nicht bei den Vorbereitungen zur Verlobungsfeier geholfen, stimmt’s?“

„Stimmt, aber ich verzeihe dir, weil du es wiedergutmachen wirst. Hier hast du erst mal...