To Love Talon

To Love Talon

von: Carian Cole

Sieben Verlag, 2021

ISBN: 9783864439520 , 388 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 6,99 EUR

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To Love Talon


 

Kaptiel 2


Asia


Sobald er das Café betritt, weiß ich, dass er es ist. Groß, dunkles Haar, sportliche Figur und ein wunderbares Lächeln. Mein Herz setzt einen Schlag aus, als er durch den Raum blickt und schließlich bei mir landet. Lächelnd winke ich ihm schüchtern zu. Er durchquert den Gastraum und setzt sich mir gegenüber.

„Asia?“, fragt er.

„Ja.“ Mein Herz rast und ich bete zu sämtlichen Göttern, dass ich nicht so nervös aussehe wie ich es bin. In Person sieht er noch besser aus als auf seinem Foto. Man könnte ihn als schön bezeichnen. Total außerhalb meiner Liga.

„Wartest du schon lange?“

„Nein.“ Ich schüttele den Kopf. „Vielleicht seit zehn Minuten, länger nicht.“ Ich bin absichtlich ein paar Minuten zu früh, denn ich wusste von unseren Online-Chats der letzten vier Wochen, dass Unpünktlichkeit ihn verärgert. Er ist ein Model und Fitnesstrainer, und Zuspätkommen bringt seinen Terminkalender durcheinander.

Seine hellen blauen Augen starren mich ohne zu blinzeln an, sodass es mir unangenehm wird.

„Die Kellnerin müsste gleich kommen“, sage ich, um das Schweigen zu unterbrechen. „Ich habe ihr gesagt, dass ich auf jemanden warte, bevor ich bestelle.“

Angespannt sieht er sich um und beugt sich dann leicht über den Tisch. „Also, ich werde einfach direkt zur Sache kommen. Du wirkst echt nett, aber du bist nicht wirklich, was ich erwartet habe. Es tut mir leid.“

Der Stich im Magen erfolgt sofort, und ist kein mir unbekanntes Gefühl, doch ich zwinge mich dazu, das Lächeln aufrechtzuerhalten. „Wie bitte?“

„Oh, ich hasse das wirklich. Ich bin kein schlechter Kerl, echt nicht. Aber ich habe jemanden etwas mehr … Zurechtgemachtes erwartet. Vielleicht ist das die falsche Wortwahl.“ Zurechtgemacht? Wie meint er das? Als ob er meine Gedanken lesen kann, spricht er weiter. „Modischer, dem Trend entsprechend. Ich bin ein Model, wie du weißt. Ich bin zwar nicht oberflächlich, aber Aussehen ist mir wichtig. Verstehst du was ich meine?“

Ich betrachte ihn und frage mich, wie ein so gutaussehender Mann mit diesen schönen Augen und dem freundlichen Lächeln so ein riesiges Arschloch sein kann. Gemeine Leute sollten auch so aussehen, wie ein Warnhinweis, sozusagen. Er hat kein Recht, so heiß und doch so ein Arsch zu sein.

„Aber du bist süß“, fügt er hinzu, als ob das den Tiefschlag abmildern würde. „Einfach nur nicht mein Typ. Es tut mir leid.“

Ich greife nach meiner Handtasche, zwinge mich zu einem gefälschten Lachen, stehe auf und schiebe den Stuhl zurück, um so schnell wie möglich zu entkommen. „Schon gut. So etwas passiert eben. Ich werde einfach gehen. Trotzdem danke, dass du dir die Zeit genommen hast.“

Schnell verlasse ich das Café, ohne ihm die Chance zu geben, noch irgendetwas Blödes zu sagen, oder die Tränen zu sehen, die mir über die Wangen laufen.

Dumm. Dumm. Dumm.

Was habe ich mir eigentlich dabei gedacht, mich auf einer Dating-Plattform anzumelden? Und hatte ich wirklich gedacht, dass ein Model – das irre gut aussieht, in einem tollen Apartment in der Innenstadt im zehnten Stock wohnt und einen gelben Sportwagen fährt – an mir interessiert wäre? Ich besitze nicht einmal ein Auto.

Mit einem Taschentuch aus meiner Handtasche wische ich mir über die Augen und mache mich auf den fünf Meilen langen Weg zu meinem winzigen Apartment mit nur einem Schlafzimmer. Nach zwei Meilen schreien meine Füße auf, weil die Schuhe, die ich mir extra für dieses Date angeschafft hatte, wofür ich eine Woche hatte hungern müssen, um sie mir leisten zu können, scheuern und sich in meine Füße bohren. Und trotzdem sehe ich immer noch nicht gut zurechtgemacht aus.

Diese Worte werde ich wohl nie mehr aus dem Hirn bekommen. Ich kann sie mir auch gleich auf die Stirn tätowieren lassen. Das Traurige ist, dass wir uns per E-Mail super verstanden hatten, in Chats und zwei kurzen Telefonaten. Ich mochte ihn, und dachte, dass er mich auch mag. Mindestens zehn andere Anwärter hatte ich abblitzen lassen, weil ich dachte, Drew sei der Richtige. Oder, dass es mit ihm zumindest zu mehr führen könnte. Aber die anderen Männer erweisen sich wahrscheinlich am Ende auch als oberflächliche Idioten, denn das scheint bei mir neuerdings das Muster zu sein.

Es ist schon neun Uhr, als ich die schäbige Treppe zum Apartment hochsteige, das nicht gerade in einer guten Wohngegend liegt. Ich weiß gar nicht, wie ich nach Hause gekommen wäre, falls das Date gut gelaufen wäre, denn auf keinen Fall hätte ich mich von ihm hier herbringen lassen. Wahrscheinlich sollte ich froh sein, wie es gelaufen ist, oder ich hätte um Mitternacht oder noch später nach Hause laufen müssen, und wäre Gott weiß wem begegnet, in den dunklen Ecken dieser Gegend.

In der Wohnung kann ich gar nicht schnell genug die Schuhe von den Füßen bekommen, die jetzt voller ekliger, schmerzhafter Blasen sind.

Verdammt.

Vor dem bodenlangen Spiegel im Flur halte ich an und betrachte mich, um zu sehen, was er gesehen hat. Was alle sehen … oder nicht sehen.

Was stimmt mit mir nicht? Ich bin nicht hässlich. Oder? Meine schmale Gestalt ist leicht kurvig und passt gut zu meiner Höhe von einszweiundsechzig. Die engen Jeans um meine Hüften tragen keinen Markennamen, aber sie sitzen perfekt und werden von einem geflochtenen braunen Ledergürtel gehalten, an dem sich eine Gürtelschnalle aus gehämmertem Metall in Herzform befindet. Die schwarze Bluse mit den Engelsärmeln und den Farbklecksen ist eine meiner Lieblingsstücke. Außer der Jeans und den Schuhen ist alles selbstgeschneidert. Mein Stil ist eine Mischung aus Hippie und künstlerisch unkonventionell, aber recht cool, erdig und zeitlos. Doch anscheinend gefiel das dem Model nicht.

Nicht zurechtgemacht.

Stunden hatte ich damit verbracht, den Gürtel und die Schnalle zu machen, und die Bluse so zu färben, dass die Farben genau richtig saßen. Stunden, mit den eigenen Händen und dem bisschen Geld, das ich dafür erübrigen konnte.

Mistkerl.

Ich ziehe mich aus, gehe ins Schlafzimmer und werfe die Sachen zu den schmutzigen bis zum Wochenende, und ziehe ein altes, übergroßes T-Shirt an. Dann lege ich mich mit dem Handy aufs Bett, um meine Freundin Katrina anzurufen.

„Erzähl mir alles!“, kreischt sie sofort, nachdem sie abgenommen hat.

„Es war furchtbar.“

„Furchtbar? Wieso denn?“

Seufzend ziehe ich mir die Decke bis ans Kinn. „Er kam rein, hat mich von oben bis unten abgecheckt, hat gesagt, ich sei nicht zurechtgemacht und nicht sein Typ. Also habe ich mich höflich verabschiedet.“

„Nicht zurechtgemacht? Was soll das denn bedeuten?“

„Keine Ahnung. Ich denke, er meinte schlampig, oder zu leger vielleicht.“

„Was für ein Schwachsinn, Asia. Du bist wunderschön. Du machst dir deine Klamotten selbst und die sind toll. Der Kerl kann dich mal.“

„Er war aber wirklich heiß.“

„Trotzdem kann er dich mal! Sein persönliches Pech, Süße.“

„Seins, und das jedes anderen Kerls in dieser Stadt, wie es scheint. Ich sollte einfach aufgeben und eine Nonne werden.“

„Hör auf damit! Du bist schön und süß. Ich werde dir den Richtigen finden. Bleib diesen blöden Dating-Portalen fern und überlass die Sache mir.“

Oh Gott. Ihre Ideen gehen nie gut aus. Besonders nicht, wenn sie mir helfen will. „Wirklich, Kat, es ist schon gut. Ich komme schon klar.“ Ich versuche, die Angst aus meiner Stimme zu halten bei dem Gedanken an ihre Einfälle. „Du findest selbst kaum die Brille auf deinem Kopf. Bitte versuche nicht, mir einen Mann zu finden.“

„Ich habe Rob gefunden, oder?“

„Du bist ihm an einer roten Ampel hinten draufgefahren, als du beim Fahren gechattet hast. Kannst von Glück sagen, ihn nicht verletzt zu haben.“

„Das nennt man Schicksal. Wir sind dafür bestimmt, zusammen zu sein. Und jetzt werde ich dir helfen, den Richtigen zu finden.“

„Das brauchst du wirklich nicht …“

Ich höre das Geklapper einer Computertastatur durchs Telefon. „Keine Sorge, Süße, ich mach das schon. Vertrau mir.“

„Bitte, Kat, mach nichts für mich. Weißt du noch, als du mein Wohnzimmer gestrichen hast?“

Das Klackern hört nicht auf. „Na gut, ich hatte eine Leiter vergessen. Niemand sagt, dass Wandfarbe...