Komorbidität - Sucht und Psychose - Konsequenzen für die psychosoziale Arbeit

von: Ute Seydel

Diplomica Verlag GmbH, 2009

ISBN: 9783836624312 , 136 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

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Preis: 29,99 EUR

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Komorbidität - Sucht und Psychose - Konsequenzen für die psychosoziale Arbeit


 

Kapitel 4. Behandlung der Komorbidität Wie in Kapitel 3 gezeigt wurde, kann die klinische Ursachenforschung inzwischen einige Theorien zur Komorbidität vorweisen. Doch wie der aktuelle Versorgungsstand und die Behandlung der Betroffenen in der Praxis aussehen, wird Thema dieses Kapitels sein. Hier einige Stimmen, die den gegenwärtigen Versorgungsstand der komorbiden Klientel widerspiegeln dürften: 'Die große Mehrheit aller komorbiden Suchtkranken dürfte heute ebenso wie die Mehrheit der Suchtkranken ohne weitere psychische Störung unbehandelt bleiben' (Heckmann 2002, 85). Bachrach (1986) bezeichnet die Gruppe der Doppeldiagnostiker schlichtweg als 'Systemversager'. ' Diese Klientel erfüllen die erforderlichen Kriterien der jeweiligen Versorgungssysteme nicht. Suchttherapeuten sind häufig nicht geschult im Umgang mit suchtmittelabhängigen Patienten, die zusätzlich psychotische Symptome haben und der Verschreibung psychotroper Medikamente bedürfen. Ebenso ist es in psychiatrischen Einrichtungen häufig nicht möglich, Patienten, die eine suchtmittelfreie Umgebung oder eine intensive Suchttherapie benötigen, zu behandeln' (zit. nach Minkoff 1994, 63 f.). Auch Basdekis-Josza vermerkt, dass komorbide Klienten oft keine Behandlung der Suchterkrankung erhalten, und begründet dies mit einer kaum vorhandenen Angebotsstruktur. Diejenigen Klienten, die eine Suchttherapie erhalten haben, berichten, dass diese Therapie nicht geeignet war, da das Hauptaugenmerk auf das Suchtgeschehen gerichtet und die Behandlung der psychischen Symptome unbeachtet blieb (vgl. Basdekis-Josza 2004, 110). 'Comorbide Patienten wurden vielmehr lange Zeit - und werden zum Teil immer noch - als 'System - Misfits' im Sinn von Minkoff (1994) angesehen, die einerseits den Rahmen psychiatrischer Versorgungseinrichtungen aufgrund ihres Suchtmittelabusus sprengen, andererseits in den Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe Hilflosigkeit und Angst erzeugen' (Rink 2003, 91). Wie in 4.1. gezeigt wird ist der Ausdruck 'System - Fehler' durchaus nicht unbegründet: Neben Schwierigkeiten innerhalb des einzelnen Versorgungssystems haben die Systeme auch Probleme miteinander. Diese Komplikationen oder auch Rivalitäten wirken sich direkt oder indirekt auch auf die Versorgung der komorbiden Klientel aus (vgl. Heckmann 2002, 84). Zu den Versorgungssystemen für Menschen mit psychischen Krankheiten (inklusive auch die Suchterkrankung) zählen die Institution Psychiatrie, die Suchtkrankenhilfe und die niedergelassene Ärzteschaft (Nervenärzte, Hausärzte etc.). Im weitesten Sinne könnte man ebenso den Justizapparat als Versorgungssystem benennen, da auch dieser seinen eigenen Zuständigkeitsbereich (kriminelle Handlungen und die daraus folgenden Maßnahmen, z. B. Gefängnis) mit den Suchtkranken innehat. Von den Suchtkranken insgesamt wiederum ist ein beträchtlicher Anteil komorbid (siehe Kapitel 2).