Psychiatrie in Niedersachsen 2009 - Band 2

von: Hermann Elgeti

Psychiatrie-Verlag, 2011

ISBN: 9783884147771 , 189 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 24,95 EUR

Mehr zum Inhalt

Psychiatrie in Niedersachsen 2009 - Band 2


 

5 Aktuelle Berichte und Stellungnahmen Prävention psychischer Störungen – eine Zukunftsaufgabe für Niedersachsen (S. 124-125)

Jürgen-Helmut Mauthe

Die Dimensionen der Aufgabe

Die Prävention psychischer Störungen ist eine Kernaufgabe der (öffentlichen) Gesundheitsversorgung. Sie steht jedoch immer noch im Schatten der kurativen Angebote, mit ihren vielfältigen psycho-, sozio- und pharmakotherapeutischen Möglichkeiten und den erheblichen ökonomischen Ressourcen, die hierfür Jahr für Jahr bereitgestellt werden. Zum anderen steht sie in der öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion weit hinter den wesentlich geläu?geren körperbezogenen präventiven Angeboten, etwa in den Bereichen Bewegungsförderung, Ernährung oder Infektionsschutz, auch wenn sie vor Jahren schon Gegenstand größerer Tagungen in Niedersachsen war.

Zu ihrem Schattendasein hat auch die »biologische Renaissance« der Psychiatrie beigetragen, die hartnäckig den bisher immer noch nicht zutreffenden Eindruck vermittelt, auf dieser Ebene ließen sich psychische Krankheiten zuverlässig erkennen und demnächst beseitigen. Von daher ist es ebenso unerwartet wie erfreulich, dass die niedersächsische Landesregierung für das »Gesundheitsland Niedersachsen« eben in diesem Bereich eine wesentliche Aufgabe sieht und sie zu einem öffentlichen Anliegen macht.

Vieles spricht für diese Initiative, vor allem die Leidensdimensionen: Etwa 20 % der (erwachsenen) Bevölkerung und etwa 8 – 15 % der Kinder und Jugendlichen leiden unter psychischen Störungen verschiedenster Art. Depressionen werden künftig die zweitgrößte Gesundheitsbelastung nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen und spielen als Begleiterkrankungen körperlicher Erkrankungen in bis zu 70 % der Fälle eine wesentliche Rolle. Psychische Störungen, so ein Dossier der Krankenkasse BKK aus diesem Jahr, werden als ein ebenso großer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen angesehen, wie ein erhöhter Cholesterinspiegel oder ein Mangel an körperlicher Aktivität.

Das drückt sich auch in den Kostendimensionen aus: Für die Behandlung psychischer Störungen wurden 2002 in Deutschland rund 22 Milliarden Euro, das heißt 10 % aller Gesundheitskosten ausgegeben. Europaweit sind es jährlich rund 400 Milliarden Euro; und bei den bis zu Fünfzehnjährigen stehen die Behandlungskosten für psychische Störungen an zweiter Stelle nach den Atemwegserkrankungen. Antipsychotika, vor allem die Wirkstoffe Risperidon und Olanzapin, gehörten 2007 zu den umsatzstärksten Medikamenten überhaupt; allein diese beiden Substanzen machten ein Gesamtvolumen von fast 500 Mio. Euro pro Jahr aus. Durch Fehlzeiten und Frühberentungen aufgrund psychischer Störungen entstehen jährlich Kosten von rund 20 Milliarden Euro – ein Volumen, das im Gegensatz zu körperlichen Erkrankungen erheblich zugenommen hat.