Zwischen Himmel und Glück

Zwischen Himmel und Glück

von: AVA MILES

MIRA Taschenbuch, 2017

ISBN: 9783955766375 , 448 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 8,99 EUR

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Zwischen Himmel und Glück


 

Prolog

Jill Hale begutachtete die Kuchenbleche. Sie waren mit dem berühmten Plätzchenteig ihrer Mutter belegt, in dem Brocken aus Mokkaschokolade steckten. Die Kekse wären längst im Ofen, wenn ihre Mutter die Backtemperatur auf das Rezept geschrieben hätte. Jill hoffte nur, dass Mom bald vom Einkaufen für die Abschlussparty von der Highschool zurück sein würde. Ihnen blieben noch ungefähr sechs Stunden, bevor die Familie und die Freunde über das Haus hereinbrechen würden.

Dummerweise war eine Party das Letzte, was Jill im Kopf hatte. Das Lied It’s my party schien ihr treffend, denn sie wollte nichts lieber als weinen. Sie gab der Verlockung nach und nahm sich einen der Teigklumpen vom Backblech.

Die Zwischentür von der Garage zur Küche öffnete sich. Endlich! „Mom, bei welcher Temperatur backe ich die denn nur? Es steht nicht im Rezept.“

„Hundertneunzig“, antwortete die Stimme eines jungen Mannes – jene, von der sie gehofft hatte, sie nie wieder zu hören.

Ihr Freund seit Kindertagen und die Liebe ihres Lebens, Brian McConnell, stand mit hängenden Schultern am Eingang zur Küche. Sein dunkelblaues Hemd unterstrich das Blau seiner Augen. Er schob eine Hand in die Tasche seiner Cargo-Shorts und klimperte mit dem Schlüsselbund. Natürlich, er wusste die Temperatur, schließlich würde er in ein paar Tagen nach New York fahren, um sich an einer der besten und teuersten Kochschulen, dem Culinary Institute of America, ausbilden zu lassen. Verdammt sollte er sein.

„Du hast nicht mehr das Recht, hier einfach hereinzuplatzen“, gab sie zurück, warf den Rest des Teigbällchens in die Spüle und wischte sich die Finger an einem gelb karierten Handtuch ab. Sie flehte innerlich, nicht in Tränen auszubrechen, und drehte sich zu ihm um.

„Jill, ich bin seit dem Tag in dieses Haus gegangen, an dem ich einen Türknauf umdrehen konnte. Stell jetzt keine neuen Regeln auf, nur weil wir uns gestritten haben. Wir müssen reden.“

Achtlos legte sie das Geschirrtuch beiseite und durchquerte die Küche mit großen Schritten. „Gestritten? Das ist untertrieben. Worüber wir hier reden, ist glatter Betrug. Betrug von der Sorte, die Freundschaften zerstört.“

Er zog die Brauen zusammen. „Sag so etwas nicht. Sieh mal, es tut mir leid, dir nicht erzählt zu haben, dass ich zum Culinary Institute statt zur Cook Street in Denver gehe. Ich wusste nicht, wie ich es sagen sollte.“

Was für eine durchschaubare Lüge. Sie umklammerte die Granitplatte der Kücheninsel. „Du hast mir immer alles sagen können. Deshalb waren wir ja beste Freunde. Ich hatte beschlossen, zur University of Denver zu gehen, damit wir zusammen sein können. Ich dachte …“ Die erste Träne rann ihr über das Gesicht. Mit der Handfläche wischte Jill sie fort.

„Mist, jetzt weine doch nicht! Sieh mal, ich weiß, es ist hart, aber ich muss das tun.“ Er trat näher und streckte die Arme nach ihr aus.

Sie schob ihn fort. „Nein. Du wirst mich nicht anfassen. Schließlich hast du klargestellt, dass du das nicht mehr willst.“ Auf ihren Wangen bildeten sich entsetzliche heiße rote Flecken. Niemals würde sie über die Demütigung seiner Zurückweisung hinwegkommen.

Er massierte sich den Nasenrücken. „Jill, ich weiß, du bist sauer, weil ich nicht mit dir komme, aber …“

Unglaublich, er versuchte sogar noch, seine Entscheidung zu verteidigen. „Was aber, Romeo? Wolltest du jemanden mit mehr Erfahrung? Ist das der Grund, aus dem du mich abserviert und mit Kelly Kimple herumgemacht hast?“ Das Dröhnen in ihrem Kopf schwoll derart an, dass sie die Zähne in ihre Unterlippe grub.

Sein Adamsapfel bewegte sich, als er schluckte. „Verdammt, ich wusste, ich würde gehen. Jill …“

„Aber ich nicht.“ Sie schlug mit der Hand auf die hellbraune Granitarbeitsfläche, ihre Handfläche schmerzte vom Aufprall. „Warum hast du mich überhaupt gefragt, ob ich mit dir ausgehe? Das habe ich mir seit Jahren gewünscht, aber du hast dich immer zurückgehalten. Erst hast du mich besinnungslos geküsst, dann hast du mich fallengelassen, als ich sagte, ich will mit dir zusammen sein. Du bist ein Aufreißer.“

Er schürzte die Lippen. „Ich habe dich nie zuvor gebeten, mit mir auszugehen, weil ich unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen wollte, falls es zwischen uns nicht so gut läuft. Und ich wollte deine Familie nicht verlieren, die mir mehr bedeutet, als meine eigene es je könnte. Verdammt, das weißt du.“

Sie starrte über seine Schulter auf die babyblaue Wand und versuchte zu verhindern, dass die Spur von Mitgefühl, die sie empfand, ihre Entschlossenheit schwächte.

„Aber als ich wusste, ich würde Dare verlassen, da konnte ich nicht länger gegen meine Gefühle für dich ankämpfen. Ich wollte nicht gehen, ohne mich wirklich mit dir verabredet zu haben. Es war ein Fehler. Ich war selbstsüchtig, und das tut mir leid. Ich habe nicht geahnt, dass du vorhattest, schon nach einer Verabredung deine erste Erfahrung mit mir zu machen. Himmel! Es hat mich verrückt gemacht, okay? Ich konnte beinahe deinen Vater hören, wie er mir sagte, er würde mir in den Arsch treten. Jill, du stürzt dich immer kopfüber in alles. Ich weiß, ich hab dich verletzt. Bitte sag mir, wie ich das wiedergutmachen kann.“

Sie ballte die Hände an den Seiten zu Fäusten, während die Schockwellen über seine Zurückweisung sie noch einmal überfluteten. „Das kannst du nicht.“

„Kelly war nicht wichtig. Das hat rein gar nichts bedeutet.“ Er betonte jedes Wort, als ob dies etwas daran ändern könnte.

Sie presste die Hände auf die Ohren. „Ich will es nicht hören.“ Kelly war eine selbstbewusste blonde zierliche Cheerleaderin, Jill hingegen war rothaarig, groß und ganz eindeutig nicht zierlich mit ihrer Schuhgröße 43. Er hatte sich für das hübschere Mädchen entschieden. Und sie würde mit diesem Stich in ihr Selbstwertgefühl bis zum Ende ihres Lebens klarkommen müssen.

Brian ergriff ihre Hände und drückte diese gegen seine Brust. „Du wirst mir zuhören. Verdammt, ich gehe nicht auf diese Weise aus Dare fort. Wir werden das zusammen durchstehen.“

In der zehnten Klasse hatte er sie an Kraft überholt. Da sie ihre Hände nicht aus seinem Griff lösen konnte, trat sie ihm gegen das Schienbein.

„Au!“, schrie er auf, wich zurück und hüpfte auf dem unverletzten Bein. „Mensch! Hör auf damit.“

Sie wischte sich die Tränen ab, hastete zu der Verbindungstür zur Garage und riss sie auf. Die Tür prallte mit solcher Wucht gegen die weiße Wand, dass sie eine Schramme darauf hinterließ. „Vielleicht hätten wir es schaffen können, wenn du nur eine Sache falsch gemacht hättest. Aber mir das Culinary Institute zu verschweigen, das war zu viel. Bri, seit wir sprechen gelernt haben, hast du mir alles erzählt. Und das hast du nicht erwähnt. Nicht ein einziges Mal. Dabei betrifft es auch mich.“

Er massierte sich das Schienbein, dann richtete er sich auf und sah ihr direkt in die Augen. „Ich habe dir nie alles erzählt, verdammt.“

Ihr stockte der Atem. Richtig. Die anderen Mädchen … jene, die nicht nur Freundinnen waren. Darüber hatten sie nie gesprochen.

„Ich wusste nicht, ob sie mich am Culinary Institute annehmen würden, aber ich musste es versuchen“, fuhr er fort. „Damit wird mein Traum wahr. Und als mir das klar wurde, hatte ich keine Ahnung, wie ich es dir sagen sollte. Ich wusste ja, du hattest mit deinem Sturkopf das ganze Denver-Szenario schon ausgearbeitet.“

„Stur? Hör auf!“

Mit einem großen Schritt trat er auf sie zu. „Du bist stur. Wenn du so bist, kann man mit dir nicht reden. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Diese ganze Sache macht mich völlig fertig. Ich lasse alles zurück, was ich kenne, all meine Freunde … und dich. Ich will dich nicht verlieren, Jill. Ich weiß nicht, wie ich einen Tag überstehen soll, ohne mit dir zu reden.“

Ihre Lippe zitterte. Es schmerzte sie, seine Qual zu sehen, doch sie konnte – wollte – nicht einlenken. „Du wirst es herausfinden müssen. Ich kann dir nicht mehr vertrauen, und das ist schlimmer als alles andere.“

Er zog sie an sich und umarmte sie, und angesichts seiner Größe fühlte sie sich nicht mehr so riesig wie früher, ehe er in die Höhe geschossen war. „Sag das nicht. Wir können das aus der Welt schaffen, bevor ich fahre. Ich will dich nicht verlieren, Jill.“

Sein Duft – eine Mischung aus Zedernholz-Aftershave und Salz – kitzelte sie in der Nase. Sie schluchzte verhalten an seiner Brust, während er ihr über den Rücken strich.

„Nicht weinen, Jill, bitte, weine nicht. Wir werden unser Gleichgewicht wiederfinden.“

Seine ernste, schmerzerfüllte Stimme ließ ihr Herz in winzige Stücke brechen, die nicht zu kitten waren. Sie stieß ihn weg und sah ihn an. „Du verstehst mich nicht, Brian. Es ist vorbei. Geh ans Culinary Institute. Hab ein schönes Leben. Aber das hier ist jetzt zu Ende.“

Seine Augen verengten sich, sein Blick war verdächtig bestimmt. „Nein, das ist es nicht. Ich rufe dich an.“

„Ich werde nicht rangehen“, erwiderte sie nachdrücklich. Wie konnte er erwarten, dass sie nach alldem noch mit ihm befreundet sein könnte? Insbesondere dann, wenn sie geglaubt hatte, die Verabredung mit ihm würde zu dem führen, was sie sich immer gewünscht hatte – dass sie sich ineinander verliebten, heirateten, ihre Kinder in Dare großzogen. Er...