Strategische Planung in Nonprofit-Organisationen

von: Marc Sieper

Diplomica Verlag GmbH, 2008

ISBN: 9783836609647 , 112 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: frei

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Preis: 29,99 EUR

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Strategische Planung in Nonprofit-Organisationen


 

Kapitel 4.2, Strategische Zielplanung in NPOs:

Die strategische Zielplanung soll idealtypisch den Ausgangspunkt des strategischen Planungsprozesses konstituieren und hat die wichtige Aufgabe, den nachfolgenden Phasen einen konkreten Handlungs- und Orientierungsrahmen zur Verfügung zu stellen. Dabei müssen die Entscheidungsträger berücksichtigen, dass sich bei NPOs gerade im Hinblick auf die Zielsetzung und damit das Zielsystem zentrale Spezifika offenbaren (Punkt 4.2.1). Des Weiteren kommt den Stakeholder-Interessen bereits im Rahmen der strategischen Zielplanung eine zentrale Bedeutung zu, weil die teilweise sehr unterschiedlichen Zielvorstellungen der einzelnen Anspruchsgruppen nicht nur zum „Ausgleich“ gebracht werden, sondern auch in den Zielbildungsprozess einfließen müssen (Punkt 4.2.2).

Spezifika von Zielen und Zielsystemen: Bei NPOs steht nicht etwa wie bei gewinnorientierten Unternehmen die Maximierung ökonomischer Zielgrößen im Vordergrund, sondern die Sicherung der Leistungserbringung und damit die Erfüllung der von den Zielpersonen vorgegebenen Ziele sowie Leistungswünsche. Dementsprechend zeichnen sich die Ziele von NPOs durch drei wesentliche Besonderheiten aus. Zunächst sind die Organisationsziele durch das Vorherrschen von Sachzielen (Bedarfsdeckung, Beeinflussung, Förderung usw.) geprägt, die sich im Gegensatz zu Formalzielen (Gewinn, Marktanteile, Rendite, Umsatz etc.) wesentlich schwieriger operationalisieren lassen. Ertrags-, Leistungs- und Effizienzziele sind immer nur Mittel zur Realisierung eines übergeordneten Zwecks, der seinerseits nur schwer quantifizierbar ist. Daher müssen Sachziele häufig durch Hilfsindikatoren konkretisiert und messbar gemacht werden. Des Weiteren unterliegen NPOs bei der Zielbildung einer Reihe von Bedingungen, die ihren Spielraum einschränken. Als entscheidende Kontextfaktoren können bspw. rechtliche Beschränkungen, übergeordnete staatliche und politische Interessen, das Leistungsprogramm (z.B. Dienstleistungen zu politisch festgelegten Preisen) sowie die Finanzierungssituation (Gebühren, Beiträge, Spenden etc.) genannt werden. Schließlich weisen die Ziele auf Grund der Vielzahl an Interessengruppen eine größere Heterogenität und Komplexität auf, als dies bei gewinnorientierten Unternehmen der Fall ist.

Insgesamt haben NPOs im Vergleich zu gewinnorientierten Unternehmen ein komplexes, mehrdimensionales Zielsystem, das durch eine Vielzahl an qualitativen (und somit schwer messbaren) Komponenten gekennzeichnet ist. Deswegen müssen sich die NPO-Verantwortlichen der zweifellos schwierigen Aufgabe stellen, qualitative und subjektive Ziele zu formulieren und diese in einer entsprechenden Zielhierarchie abzubilden. Bei der Entwicklung einer Zielhierarchie stehen dann drei zentrale Aspekte im Vordergrund.

Als erstes gilt es zu bedenken, dass die Vision und das Leitbild als normativer Bezugsrahmen einen besonders hohen Stellenwert besitzen, wobei insbesondere der Leitbilderstellung eine erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Die in strategischen Leitbildern enthaltenen Aussagen zum Organisationszweck und zu den zentralen Werten der Organisation haben für NPOs eine noch größere Bedeutung als für gewinnorientierte Unternehmen, weil sie eine entscheidende Grundlage für das Vertrauen in und die Identifikation mit der Organisation sind. Darüber hinaus ist das Leitbild sehr gut dafür geeignet, die verschiedenen Interessen und Wertvorstellungen der zahlreichen Stakeholder zu integrieren. Es fungiert somit als Informationsträger nach innen und außen, um die vielschichtigen sowie komplexen Aufgaben und Inhalte der NPO zu transportieren. In diesem Zusammenhang wird des Öfteren von der sog. Mission gesprochen, die dann das alles entscheidende Oberziel in der Zielhierarchie darstellen soll. In dieser Arbeit steht bewusst das strategische Leitbild im Zentrum, weil es die Mission schriftlich fixiert sowie umfassender formuliert. An dieser Stelle soll nochmals auf den idealtypischen Ablauf der strategischen Planung hingewiesen werden. Einerseits ist es möglich, dass im Zuge des Prozesses eine neue Vision entwickelt oder das bestehende Leitbild angepasst werden muss. Andererseits kann es passieren, dass bestimmte strategische Optionen wieder verworfen werden müssen, weil sie dem Leitbild widersprechen.

Der zweite wichtige Aspekt ist, dass die aus der Vision und den Leitbildern abzuleitenden Ziele möglichst vollständig erfasst werden, wobei insbesondere auf die Ausgeglichenheit zwischen ökonomischen Zielen und sachlichen Zielinhalten zu achten ist. D.h. neben der Sicherung der Leistungserbringung als qualitatives Oberziel muss es gleichfalls ein wesentliches Ziel sein, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft zu gewährleisten. Um diese beiden Zielsetzungen erreichen zu können, lassen sich fünf Zielkategorien identifizieren, die als konstitutive Basis für die Unternehmensziele von NPOs aufgefasst werden können: Leistungsziele, Beeinflussungsziele, Leistungserbringungsziele, Potentialziele und Formalziele (wirtschaftliche Ziele). Leistungswirkungsziele sind auf die Interessen der Stakeholder ausgerichtet. Dagegen sollen Beeinflussungsziele bestimmte Änderungen im Bereich des Denkens oder Handelns bei den Anspruchsgruppen hervorrufen. Die Leistungserbringungsziele konkretisieren die Ziele für die Dienstleistungserbringung wie z.B. Behandlung, Förderung oder Beratung. Potentialziele wiederum beziehen sich auf die Sicherstellung der materiellen, vor allem aber immateriellen Ressourcen und auf die Prozesse der Leistungserbringung. Ferner gehören zu den Formalzielen bspw. die Steigerung der wirtschaftlichen Effektivität und Ertragskraft oder die Sicherung der Refinanzierung. Diese Zielkategorien sind für die individuelle NPO weiter zu spezifizieren.

Schließlich besteht die Notwendigkeit, die im Leitbild festgehaltenen qualitativen Ziele und Grundsätze sowie die daraus resultierenden Unternehmensziele so zu operationalisieren, dass eine spätere Messung und Überprüfung des Zielerreichungsgrades möglich ist. Da für NPOs kein einheitliches, oberstes Erfolgsmaß existiert, schlägt Speckbacher vor, dass das Performance Management bereits bei der organisationsspezifischen Governance ansetzt. D.h. mit den primären Stakeholdern ist das Leitbild zu konkretisieren und soweit möglich in Form von Unternehmenszielen zu operationalisieren. Diese wiederum sollten nach Möglichkeit in strategische Zielvorgaben, Messgrößen und Aktionspläne verfeinert werden. Damit wird einmal mehr der besondere Stellenwert bestimmter Anspruchsgruppen verdeutlicht, mit der Konsequenz „(…) that firms have to acknowledge and manage the needs of all major stakeholders if they want to be (…) successful.“"