Ich kannte Mozart - Die einzige Biografie von einem Augenzeugen

Ich kannte Mozart - Die einzige Biografie von einem Augenzeugen

von: Franz Xaver Niemetschek

LangenMüller, 2005

ISBN: 9783784481227 , 129 Seiten

3. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 5,90 EUR

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Ich kannte Mozart - Die einzige Biografie von einem Augenzeugen


 

II. Mozart als Mann (S. 35-37)

Diesen Zeitpunkt, das heißt, sein 20stes Lebensjahr können wir also, für die Epoche seiner Vollendung als Meister annehmen, denn von nun an zeigte er sich immer als ein solcher im glänzendsten Lichte, und mit einer entscheidenden Ueberlegenheit des Geschmackes und Genies, alle seine Werke, die er seit dem geliefert hat, sind klassisch und erwarben ihm die Krone der Unsterblichkeit. Wir fahren in der Erzählung seiner Lebensbegebenheiten fort, und werden die vorzüglichsten seiner Werke, aus dieser Lebensperiode, in einem besondern Abschnitte rezensiren.

Mozarts Ruhm war nun gegründet. Jede große Stadt, die er zu dem Schauplatze seiner Talente gemacht hätte, würde ihn mit Freude aufgenommen, und seine Werke mit Entzücken angehört haben. Zu einer solchen Erwartung berechtigte ihn im hohen Maße die große Wirkung, die sein zweifaches gleich großes Talent, des Klavierspielers und Kompositors jedesmal und überall auf das Publikum gemacht hatte.

Unter diesen Städten war wohl Paris der angemessenste Platz für das Genie Mozarts, um so mehr, da seine Kunst dorten schon ein begeistertes Publikum gefunden hätte. Aber er hatte keinen Geschmack an der französischen Musik, über dieß war sein gerader Charakter zu Intriguen und Kabalen nicht gemacht, die auf diesem großen Tummelplatze menschlicher Leidenschaften auch die Künste mit ihren Schlangenwindungen umstrickten. Er kam also von der letzten Reise, die er im Jahre 1777 mit seiner Mutter nach Paris zu dem Endzwecke gemacht hatte, bald wieder, aber allein zurück, denn sie starb dort. Auch dieß mag seinem gefühlvollen Herzen den Aufenthalt in Paris verleidet haben. Zu Ende des Jahres 1778 war er schon wieder in Salzburg. Der Bayerische Hof, der schon so oft Zeuge seines Künstlertalentes war, und insbesondere der nunmehrige1) Churfürst, der große Schätzer aller schönen Künste, liebte Mozarts Musik im hohen Grade.

Er bekam daher den Auftrag für den Fasching vom 1781 in München eine Opera seria zu schreiben. Da schuf Mozart das erhabene Werk, die Oper Idomeneo, worinn eine Gedankenfülle, eine Wärme der Empfindung herrscht, die sich nur von der Jugendkraft eines Tonkünstlers2) wie Mozart erwarten ließ. Diesen Aufenthalt in München rechnete Mozart unter die angenehmsten Tage seines Lebens und vergaß nie auf die gefällige Freundschaft, die er da von so vielen Männern vom Verdienst genoß. Aus München ward er durch einen Auftrag des Erzbischofs von Salzburg nach Wien berufen, und von dieser Zeit an, das heißt, von seinem 25ten Jahre, lebte er in dieser Kaiserstadt, die eben so sehr durch den entschiedenen Hang des Publikums zur Musik, als auch durch die Menge vortreflicher Tonkünstler, die da ihren Wohnsitz aufgeschlagen haben,3) für Mozarts Geist wichtig seyn mußte. Von hier aus verbreiteten sich seine erstaunenswürdigen Kompositionen zu nächst nach Böhmen, und dann in das übrige Deutschland, und gaben dem Geschmacke in der Musik einen großen Schwung, eine neue Richtung, die aber seine zeitherigen Nachahmer,4) so wie alle Nachahmer, verzerren und verderben.

In Wien5) fand sein Spiel auf dem Pianoforte am geschwindesten Bewunderer und Liebhaber, denn obschon Wien viele große Meister dieses Instrumentes, welches nun der Liebling des Publikums geworden ist,6) zählte, so kam doch keiner unserm Mozart gleich. Eine bewundernswürdige Geschwindigkeit, die man besonders in Rücksicht der linken Hand oder des Basses einzig nennen konnte, Feinheit und Delikatesse, der schönste, redendeste Ausdruck und ein Gefühl, dessen nur ein Mozart fähig war,7) sind die Vorzüge seines Spieles gewesen, die gepaart mit seiner Gedankenfülle, mit der Kenntniß8) der Komposition natürlich jeden Hörer hinreißen, und Mozarten zu dem größten Klavierspieler seiner Zeit erheben mußten. Seine Klavierkompositionen aller Art, Sonaten, Variationen, und Konzerte, wurden bald allgemein bekannt und beliebt. Man ward bey jedem neu erschienenen Werke überrascht durch die Neuheit des Stiles, und der Gedanken – man staunte über die Höhe, zu der sich die Musik durch seine Werke so schnell empor schwang!