Warrior Cats - Der Ursprung der Clans. Donnerschlag - V, Band 2

von: Erin Hunter

Beltz, 2015

ISBN: 9783407745637 , 320 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 10,99 EUR

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Warrior Cats - Der Ursprung der Clans. Donnerschlag - V, Band 2


 

1. Kapitel


Die frischen, grünen Grashalme auf dem Moor bogen sich im warmen Wind. Er zauste auch Grauer Flugs Fell und verkündete das nahe Ende der kalten Zeit.
Grüne Schösslinge bohrten sich überall ringsum aus der Erde, an den Ginsterbüschen waren leuchtend gelbe Blüten aufgetaucht und tüpfelten die Landschaft. Das ferne Zwitschern von Vögeln versprach üppige Beute für die kommenden Monde.
Wenige Schwanzlängen entfernt kämpfte Donner unter aufgeregtem Kreischen mit Gleitender Habichts Jungen Blitzschweif und Eichelfell. Grauer Flug beobachtete mit einem liebevollen Blinzeln, wie sie sich im weichen Gras wälzten und mit zappelnden Pfoten aufeinander einschlugen, ohne jedoch ihre Krallen einzusetzen. Er hatte Gleitender Habicht gefragt, ob er die Jungen mitnehmen und ihnen Jagdunterricht erteilen dürfe.
Die getigerte Kätzin hatte unter der Bedingung zugestimmt, dass sich die Jungen nicht zu weit vom Lager entfernten. Fürs Erste begnügte sich Grauer Flug damit, die jungen Katzen eine Weile spielen zu lassen, und erfreute sich an ihren übermütigen Späßen.
Weiter hinten im Moor konnte er Wolkenfleck und Getupfter Pelz erkennen, die mit Bündeln frischer Kräuter im Maul vom Fluss zurückkehrten. Regen auf Blüte tauchte aus einem Ginstergestrüpp auf, den schlaffen Körper eines Hasen zwischen den Zähnen. Sie schleppte die Beute in die Senke hinunter, wo Schrei der Dohle und Brechendes Eis einen neuen Schlaftunnel in die Erde gruben. Gleitender Habicht und Großer Schatten saßen ins Gespräch vertieft beisammen und putzten sich.
Jetzt fühlt es sich wirklich wie ein Zuhause an. Grauer Flug dachte an die lange Reise von den Bergen hierher und an die vielen Anstrengungen, bis sie auf dem Moor ein Zuhause gefunden hatten. Dabei war es ihm zuerst schwergefallen, Steinsagerins Vision zu akzeptieren, sie könnten eine bessere Heimat finden, wenn sie dem Sonnenpfad folgten. Die Reise war voller Gefahren gewesen, aber sie hatten es trotzdem geschafft. Das Leben hier ist gut.
»Blitzschweif, tu mal so, als wärst du ein Hase.« Donners Stimme lenkte Grauer Flugs Aufmerksamkeit zurück auf die Jungen. »Ich zeig dir jetzt mal, wie man einen fängt.«
»Na gut.« Blitzschweif begann, hin und her zu hüpfen und die unregelmäßigen Sprünge eines Hasen nachzumachen.
Donner sah Eichelfell an und miaute: »Schau gut zu!« Er duckte sich flach zu Boden und pirschte sich an Blitzschweif heran, der immer wieder hinter sich blickte, ob das größere Junge ihn schon eingeholt hatte.
Donner trat auf den Hinterläufen hin und her und stürzte sich dann mit einem riesigen Sprung auf Blitzschweif. Das schwarze Junge rollte sich kreischend auf den Rücken und schlang die Pfoten um Donners Hals, worauf beide Kater als zappelndes Fellbündel übers Gras rollten.
So waren Wolkenhimmel und ich auch mal. Grauer Flug wurde traurig. Wie konnten wir uns nur so zerstreiten?
»Du bist tot!«, jaulte Donner. »Ich habe dich getötet!«
»Ich will mal einen echten Hasen jagen!«, verkündete Eichelfell, die zu ihnen gesprungen kam. »Ich werde mal die beste Jägerin von allen sein.«
»Gute Idee«, miaute Grauer Flug und tappte zu den Jungen. »Aber vorher musst du noch viel lernen.«
»Ich kann mich auch schon so anschleichen wie Donner.« Blitzschweif duckte sich und schlängelte sich mit wühlenden Pfoten durchs Gras. »Seht ihr?«
»Großartig«, entgegnete Grauer Flug und ignorierte den Schwanz des Jungen, der wild hin und her peitschte. »Aber es braucht schon etwas mehr, um Beute zu fangen. Hier draußen im Moor kann euch die Beute schon von Weitem sehen. Was müsst ihr deshalb machen?«
»Uns auf sie stürzen … und zwar so!«, kreischte Eichelfell. Sie sprang auf ihren Bruder und stieß ihn um.
Auch Donner warf sich wieder ins Getümmel. Wenn sie nicht zuhörten, würden sie niemals Beute fangen, doch Grauer Flug hielt sich zurück und schimpfte nicht. Es war schön, diese glücklichen, gesunden Jungen zu erleben.
Sie sind so groß und stark … zweimal so groß wie die arme Flatternder Vogel.
Ein Anflug von Trauer durchströmte ihn, als er an seine Schwester dachte, die in den Bergen gestorben war, weil es während der kalten Zeit nicht genug Nahrung für sie gegeben hatte. Liebevolle Fürsorge für Donner und die anderen überkam ihn. Er war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass sie zu starken, gesunden Katzen heranwuchsen.
Die kalte Zeit war gar nicht so schlimm gewesen. Es hatte trotzdem genügend Beute gegeben. Grauer Flug fiel es immer noch schwer, zu glauben, dass der Schnee hier nicht so dicht fiel wie in den Bergen und auch nicht so lange liegen blieb. Und morgens ließ die Sonne den Frost viel früher verschwinden. Es hatte kaum Tage gegeben, an denen sie nicht jagen oder Wasser suchen konnten, vor allem im Wald, wo die Bäume einen Schutz vor der härtesten Kälte boten. Grauer Flug unterdrückte ein Seufzen. Dennoch gab es Momente, in denen er seine Heimat und seine Mutter Sanfter Regen vermisste, aber das leichte Leben auf dem Moor hatte zur Folge, dass alle Jungen überlebt hatten, und bald würde die warme Zeit zurückkehren.
Donner und Blitzschweif rauften immer noch laut kreischend miteinander und verscheuchten damit sämtliche Beute auf dem Moor. Auf einmal rannte Eichelfell los und rief ihnen noch zu: »Jetzt schaut mal mir zu!«
Sie flitzte in die Senke hinunter und verschwand in dem Loch, das Schrei der Dohle und Brechendes Eis zuvor gegraben hatten. Grauer Flug stürmte ihr mit klopfendem Herzen hinterher. Unter dem Moor gab es ein ganzes Geflecht aus unterirdischen Gängen, hauptsächlich Schlupflöcher, die von Kaninchen gegraben worden waren. Die Katzen hatten angefangen, sie zu Bauen zu vergrößern, aber hier und da gab es noch gefährliche Stellen. In den Bauen fand Grauer Flug es nach wie vor ein wenig unheimlich. Sie waren so dunkel und eng, dass er kaum atmen konnte. Wenn Eichelfell zu tief in die Gänge kriecht, bekommen wir sie vielleicht nicht mehr raus.
Zu Grauer Flugs Erleichterung wurde die Kätzin von einer anderen Katze hinter ihr ins Freie geschoben. Es war Schrei der Dohle, ihr Vater. Hinter den beiden steckte Brechendes Eis den Kopf aus dem Loch und zog ein verärgertes Gesicht.
»Hier darfst du nicht rein«, schimpfte Schrei der Dohle mit Eichelfell. »Dieser Gang ist noch nicht sicher. Brechendes Eis und ich graben noch daran.« Er gab seiner Tochter einen harten Nasenstüber. »Solltest du nicht beim Jagdunterricht mit Grauer Flug sein?«
»So ist es auch«, rief Grauer Flug zu ihm herunter. »Danke, Schrei der Dohle.«
Der schwarze Kater nickte Grauer Flug grüßend zu und verschwand dann wieder mit Brechendes Eis unter der Erde.
Eichelfell wandte sich mit hängendem Schwanz ab und trottete den Hang hinauf zur Böschung.
»Wow!«, rief Blitzschweif, als sie zu ihnen trat. »Das war echt beeindruckend! Jetzt wissen wir endlich, was wir tun müssen, um eins auf die Nase zu kriegen.«
Eichelfell sah ihn an, sagte aber nichts.
»Ich finde, du solltest uns das noch mal zeigen«, neckte ihr Bruder sie weiter. »Ich weiß nicht, ob ich es schon ganz kapiert habe.«
»Du willst wissen, wie du eins auf die Nase kriegst? Ganz einfach, Flohhirn!«, fauchte Eichelfell und schlug mit der Pfote nach der Schnauze ihres Bruders.
Blitzschweif sprang zurück. »He, das hat wehgetan!«
»Das reicht«, miaute Grauer Flug und trat zwischen die Wurfgefährten, bevor sie anfangen konnten, sich zu raufen. »Wir wollten doch jagen. Habt ihr das vergessen?«
Zu seiner Erleichterung setzten sich die Jungen vor ihm hin, scharrten noch etwas in der Erde, bis sie bequem saßen, und sahen ihn dann aufmerksam an.
Grauer Flug blickte sich suchend nach Beute um. Unter einem Ginsterstrauch in der Nähe bewegte sich etwas. Ein Kaninchen kam hervorgehüpft und knabberte am Gras.
»Dort drüben«, sagte er zu den Jungen und zeigte mit dem Schwanz darauf, »aber rührt euch nicht. Seht ihr das Kaninchen? Das fange ich jetzt.«
Blitzschweif unf Eichelfell nickten mit leuchtenden Augen und ungeduldig zuckenden Schwanzspitzen.
»Zuerst warte ich, bis es sich noch etwas weiter von dem Strauch entfernt hat«, fuhr Grauer Flug fort. »Irgendwo da drin liegt vermutlich der Eingang zu seinem Bau. Und wenn ich ihm hinterherjage, beobachte ich es genau, damit ich erraten kann, wohin es rennt.«
Inzwischen hatte sich das Kaninchen noch weiter von dem Ginsterstrauch entfernt. Grauer Flug beobachtete es aufmerksam und wartete auf den richtigen Moment. Plötzlich schoss er mit kräftigen Stößen seiner Hinterläufe los und freute sich darüber, wie sich seine Muskeln beim Rennen streckten und wie ihm der Wind durchs Fell blies.
Er war bereits bis auf einige Schwanzlängen herangekommen, bevor das Kaninchen ihn bemerkte. Es floh mit einem erschreckten Fiepen, sein weißer Schwanz hüpfte auf und ab. Grauer Flug hielt den Blick unverwandt auf seine Beute gerichtet und schlug einen Bogen, um das Kaninchen abzufangen, ehe es kehrtmachen und zu seinem Versteck im Gebüsch zurückrennen konnte.
Mit schlitternden Pfoten wich das Kaninchen erneut aus, doch nach wenigen Schritten hatte Grauer Flug es eingeholt und stieß es zu Boden, wo er seine Beute mit einem Biss in die Kehle tötete. Große Zufriedenheit durchströmte ihn.
Grauer Flug hob den warmen Körper des Kaninchens auf und trottete zurück zu den Jungen, die ihm bewundernd zuschauten.
»Toller Fang, Grauer Flug!«, rief...