Manieren und Karriere - Internationale Verhaltensregeln für Führungskräfte

von: Rosemarie Wrede-Grischkat

Gabler Verlag, 2007

ISBN: 9783834992345 , 401 Seiten

5. Auflage

Format: PDF

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's

Preis: 62,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Manieren und Karriere - Internationale Verhaltensregeln für Führungskräfte


 

Global Players (S. 31-32)

Im Laufe der mehr als 20-jährigen Tätigkeit als Coach und Trainerin von Führungspersönlichkeiten habe ich eine Fülle von Erfahrungsberichten interkulturell agierender Geschäftsleute erhalten. Den wichtigsten Punkt aus den Erkenntnissen vieler Global Players verschiedenster Branchen bildet der Gegensatz zwischen der Selbsteinschatzung der deutschen Akteure einerseits und den tatsachlichen Reaktionen der ausländischen Geschäftspartner andererseits.

Man kann dieses Faktum auch als eine umfangreiche Basis für gegenseitige Missverständnisse bezeichnen. In allen Fallen bedurfte es langjähriger oder enger Geschäftsbeziehungen, bis sich Vorurteile durch den Einsatz glaubwürdiger Individualität ablosen ließen. Hierdurch berühre ich jedoch ein Grundproblem, das sich für eine generelle Änderung kollektiver Klischees als besonders hinderlich erweist: Wir Deutsche haben seit etwa sechzig Jahren ein gebrochenes Verhältnis zu unserer nationalen Identität.

Die Grunde dafür sind bekannt. Es täte unserem kulturellen Selbstverständnis gut, wenn wir im Ausland mit einer Art „bescheidenem Selbstbewusstsein" unsere kulturelle Identität erkennen ließen. In diesem Zusammenhang ist jeder Global Player deutscher Nationalität nicht nur Mit-Produzent bzw. Repräsentant deutscher Wirtschaftsstarke, sondern ebenfalls Angehöriger einer alten europäischen Kultumation, die wesentlichen Anteil an den geistigen Anstoßen zur kulturellen Entwicklung Europas hat.

Ich bin stets eigenartig berührt, wenn Landsleute von mir sich im Ausland vorzugsweise in Englisch unterhalten, um nicht als Deutsche identifiziert zu werden. Ich kenne keine Angehörigen anderer Nationen, die sich vergleichbar verhielten. Selbstverständlich will niemand dumme Klischees auf sich anwenden lassen, jedoch will auch niemand das Attribut „typisch deutsch" auf sich beziehen. Lieber identifiziert man sich mit seiner Landsmannschaft als Bayer, Badener oder Brandenburger. Unbestreitbar gibt es für diese Haltung auch historische Gründe, well Deutschland als nationale Einheit - anders als andere europäische Nationen - erst eine relativ kurze Geschichte vorweisen kann.

Die Intention der neuen Auflage dieses Buches ist klar zu definieren: Es will zunächst meinen auf dem Weltmarkt agierenden Landsleuten neuere Erkenntnisse auf dem Gebiet der internationalen Business-Kommunikation - in gebotener Kürze - bieten sowie anwendbare Handreichungen, die sie in die Lage versetzen sollen, durch Kenntnis interkultureller Umgangsformen ohne Reibungsverluste zu geschäftlichen Erfolgen zu gelangen.

Dafür ist es m. E. unerlässlich, sich unsere Verhaltensstandards einmal in der Beurteilung von außen zu betrachten. „Erst im Spiegelbild der anderen verstehen wir, wie unser eigenes kulturspezifisches Orientierungssystem beschaffen ist und welche Wirkung es im Umgang mit ausländischen Partnern hervorruft" (Schroll-Machl, S. 13). Das bedeutet, dass erst die Kenntnis dieser Einschatzungen und (Vor-) Urteile den Global Player in die Lage versetzt, sein eigenes Verhalten entsprechend darauf einzustellen. Selbstverständlich werden diese Beurteilungen des Auslands nicht unreflektiert in Handlungsvorschlage umzusetzen sein.

Es sollen diese Anschauungen über unseren „Nationalcharakter" durch objektivere Erkenntnisse aus relevanten soziokulturellen Untersuchungen, also von innen heraus relativiert oder - wo nötig - zu Korrekturen angeregt werden. Bei allen geschäftlichen Begegnungen spielt sich die Kommunikation auf mindestens zwei Ebenen ab: auf der inhaltlichen Ebene, der so genannten „Sachebene" und auf der zwischenmenschlichen, der so genannten „Beziehungsebene". Es gilt als erwiesen, dass wir Deutsche uns bei beruflichen Kontakten in erster Linie auf der Sachebene bewegen. Diese „Sachorientierung" wird als ein grundlegendes Element deutscher Kulturstandards angesehen.