Lehrlingsausbildung - ökonomisch betrachtet - Ergebnisse der zweiten Kosten-Nutzen-Studie

von: Samuel Mühlemann, Marc Fuhrer, Adrian Wüest, Stefan C. Wolter

Verlag Rüegger, 2007

ISBN: 9783725308866 , 168 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 30,70 EUR

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Lehrlingsausbildung - ökonomisch betrachtet - Ergebnisse der zweiten Kosten-Nutzen-Studie


 

8 Selektion und Qualität der Lernenden (S. 76)
In allen bisherigen Studien zu Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung aus Sicht der Betriebe, sowohl in der Schweiz wie auch im Ausland, wurden wenig oder gar keine Informationen zu den Lernenden erhoben. So suchte man Unterschiede in den Kosten-Nutzen-Relationen zwischen Betrieben oder Berufen zu erklären, ohne dass man über Angaben zu den von den Betrieben beschäftigten Lernenden verfügt hätte. Obwohl es offensichtlich ist, dass ein Lernender einen entscheidenden Einfluss auf die Kosten-Nutzen-Beziehung der Ausbildung hat, wurde in den Studien implizit so getan, als hätten alle Betriebe im Durchschnitt dieselben Lernenden. Während also betriebliche Heterogenitäten durchaus in Betracht gezogen wurden, ging man bei den Lernenden immer von Homogenität aus.

In dieser Studie wurden zum ersten Mal die Betriebe detailliert zu Qualitätsmerkmalen ihrer Lernenden befragt, etwa zu Schulnoten, schulischer Vorbildung, Abschneiden an der Abschlussprüfung und anderem mehr. Ausserdem wurde erhoben, wie die Betriebe ihre Lernenden rekrutieren und ob dabei Schwierigkeiten auftreten. Gewisse dieser Informationen sind rein deskriptiver Natur, andere haben explorativen Charakter. Trotzdem sollen sie helfen, nicht nur die Kosten-Nutzen- Profile von Betrieben und Lehrberufen besser zu verstehen, sondern auch Aspekte wie die Ausbildungsneigung oder die Ausbildungsstrategie eines Betriebes besser nachvollziehen zu können.

Zu Beginn dieses Kapitels wird das Rekrutierungs- und Selektionsverhalten der Betriebe deskriptiv dargestellt. In der Folge werden Unterschiede in der Lehrlingsqualität auf ihre Auswirkungen im Ausbildungsverhalten der Betriebe und auf die finanziellen Auswirkungen hin untersucht. Dabei werden zuerst einige rein deskriptive Angaben zur Lehrlingsqualität gemacht, und in einem zweiten Schritt wird sodann untersucht, welche Auswirkungen diese Qualitätsmerkmale auf Ausbildungsvolumen, Leistungsgrad und Abbruchquote haben. Mit Hilfe der Koeffizienten aus den ökonometrischen Schätzungen werden abschliessend im Kostenmodell die Auswirkungen der Lehrlingsqualität auf Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung simuliert.

Dass diese Ergebnisse erst als ein erster Schritt in die Richtung der Beantwortung dieser Fragen zu verstehen sind, liegt in der Natur der Datenerhebung. Erstens wurden alle Daten auf Ebene Betrieb erhoben und von den dort verantwortlichen Personen geliefert, d.h. es wurden in der Studie keine Daten direkt bei den Lernenden erhoben. Somit handelt es sich immer um subjektive Angaben von Seiten der Arbeitgeber. Dabei muss aber in Betracht gezogen werden, dass es sich bei allen anderen Informationen ebenfalls um solche aus der Sicht der Betriebe handelt. Sowohl bei den Informationen über die Betriebe wie auch bei jenen über die Lernenden schöpfen wir somit aus derselben Quelle. Und zweitens handelt es sich durchwegs um Durchschnittsangaben, d.h. die Informationen über die Lernenden betreffen den Durchschnitt aller Lernenden in einem Betrieb.

Obwohl nicht von der Hand zu weisen ist, dass ein Lernender nicht gleiche oder ähnliche Charakteristiken aufweisen muss wie die Lernenden im gleichen Betrieb vor ihm oder mit ihm, hat auch dieses «Problem» sein Pendant in den übrigen Angaben des Betriebes. Die Betriebe werden so beispielsweise über einen bestimmten Produktivitätsgrad eines Lernenden in einem Lehrjahr befragt und müssen sich dort auch für eine Durchschnittsangabe entscheiden. Weil die Forschungsarbeiten der letzten Jahre gezeigt haben, dass solche Durchschnittsangaben recht gut dazu beitragen, das Ausbildungsverhalten der Betriebe zu erklären, ist davon auszugehen, dass auch Durchschnittsangaben über Lernende nicht a priori sinnlose Aussagen darstellen.