Wie Kinder ticken

von: Monika Löhle

Hogrefe AG, 2007

ISBN: 9783456944968 , 333 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 26,99 EUR

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Wie Kinder ticken


 

Teil 2 Stressfrei erziehen (S. 71-72)

Der berühmte Kinderpsychologe Bruno Bettelheim sah die wichtigste und schwierigste Aufgabe der Erziehung darin, dem Kind zu helfen, einen Sinn in seinem Leben zu finden. Dazu muss das Kind viele Wachstumserfahrungen machen und es muss in seiner Entwicklung lernen, sich selbst immer besser zu verstehen, damit es dann später in der Lage ist, auch andere zu verstehen und schließlich befriedigende und sinnvolle Beziehungen zu ihnen herzustellen. Die Eltern erziehen ihr Kind durch ihr bewusstes Begleiten durch den Lebensalltag, durch ihr Vorbild und durch ihre Anleitungen bei der Bewältigung von Problemen. Anleitung, Vorbild und Begleitung vollziehen sich jeden Tag, ob dies nun von den Eltern beabsichtigt wird oder nicht. Erziehung ist weit mehr als die Vorbereitung auf das Leben, sie geschieht nicht außerhalb des Lebens, sondern sie hat Anteil am Leben, das stetig in Bewegung ist und sich weiter entwickelt.

Es gibt wohl kaum ein anderes Gebiet, bei dem jeder Mensch sich so kompetent fühlt und so mitreden kann wie bei dem Thema Erziehung. Schließlich haben wir alle eine Kindheit erlebt und sind erzogen worden. Für das Fortbestehen der Menschheit ist diese innere Sicherheit auch in Ordnung. Trotzdem ist es gewiss kein Fehler, wenn Eltern bereit und aufgeschlossen sind, immer wieder Neues dazu zu lernen, besonders dann, wenn sie an ihre Grenzen stoßen, mit dem Ergebnis ihrer Erziehung nicht zufrieden sind oder sich aus anderen Gründen mit neuen Erkenntnissen auseinandersetzen wollen. Fürsorge für das Neugeborene ist die erste und natürliche Elternpflicht. Ohne Anleitung beginnen Eltern einen frühen Körperkontakt mit ihrem Baby aufzunehmen. Dem Alter des Babys gemäß setzen sie ihren Kontakt mit Wärme, Lob, Zuspruch und Ermutigung fort. Es folgt die Einfühlsamkeit, das Reagieren auf das Schreien des Kindes, das sich freut, die interessanten Gesichtsausdrücke zu beobachten.

Daraufhin folgt das Engagement beim Ausüben von Tätigkeiten und Entwickeln von Fähigkeiten und last but not least steigen die Erwartungen an das Kind. Denn fördern heißt auch fordern. Die schwierige Gratwanderung in der Erziehung ist, das richtige Maß an Erwartungen an das Kind heranzutragen. Erinnert sei nur an die außerordentlich ehrgeizigen Eislaufmütter, die ihren Kindern die Kindheit rauben. Die Erwartungen sollten die Fähigkeiten der Kinder nicht übersteigen. Die Eltern dürfen das Leistungsniveau nicht zu hoch schrauben, so dass sie ihre Kinder überfordern. «Dauerhaft können Eltern nicht weitergeben, was Kinder nicht annehmen und bewahren wollen», sagt Prof. Dr. Werner Greve, Professor für Entwicklungspsychologie an der Universität Hildesheim.

Eine gute Erziehung kann nur gelingen, wenn die emotionalen Grundbedürfnisse von Eltern und Kind befriedigt sind. Seelisch gesunde Kinder sind selbstbewusst, aber in unterschiedlicher Ausprägung. Eltern müssen lernen, ihr Kind in seiner persönlichen Eigenart zu verstehen und anzunehmen. Sie müssen das richtige Maß an Behütung und Förderung erspüren. Unverständnis, Vernachlässigung und Interesselosigkeit sind die häufigsten Ursachen von Entwicklungsstörungen.

Erwachsene stützen den Erfolg in ihrem Leben auf die vielfältigsten inneren Ressourcen, man könnte sie auch die Kraftstofftanks nennen. Diese sind insbesondere: Liebe, Selbstvertrauen, Intelligenz, Erinnerung, Erfahrungen und die Kommunikation mit ihren engsten Vertrauten. Die Summe all dieser Bestandteile machen ihr Bewusstsein aus. Wenn sich Erwachsene entscheiden oder schnell auf eine Situation reagieren müssen, tun sie dies ohne langes Nachdenken. Kinder sind durch ihre Abhängigkeit von den Eltern auch mit deren Erfahrungen verbunden. Daher spiegeln Kinder in ihrem Tun und in ihrer Haltung oft auch das Wesen ihrer Eltern. Ist die Lebenseinstellung der Eltern vorwiegend positiv geprägt, dann können Kinder sehr davon profitieren und daraus ihr Selbstbewusstsein, ihren Mut und ihre psychische Sicherheit beziehen. Aber das «genetische Paket», welches die Kinder mit auf die Erde bringen und auch die Umwelt können das Kind in eine ganz andere Richtung lenken.