In Mekka - Karl May´s Gesammelte Werke Band 50

von: Franz Kandolf

Karl-May-Verlag, 1988

ISBN: 9783780215505 , 431 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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In Mekka - Karl May´s Gesammelte Werke Band 50


 

"8. In der Falle (S. 270-271)

Das Unternehmen, zu dem ich jetzt auszog, war in Wirklichkeit nicht so unbedenklich, wie ich dem Emir glauben machen wollte. Es konnte sich mehr als ein ungünstiger Umstand ereignen, der mein Leben in Gefahr brachte oder wenigstens den Erfolg vereitelte. Selbst wenn es mir glückte, sämtliche Beni Sebîd in die Falle zu locken, so brauchte nur der hinter mir Schreitende, wahrscheinlich der Scheik selber, Verdacht schöpfen und alles war missglückt.

Zwar war ich in der Wüste lange genug mit dem Ghâni beisammen gewesen, dass ich glaubte, seinen Gang und seine Haltung ziemlich getreu nachahmen zu können, aber der Scheik kannte jedenfalls seinen Schwiegervater viel besser als ich und konnte an einem geringfügigen Zeichen erkennen, dass nicht Abadilah, sondern ein anderer vor ihm herschritt. In diesem Fall, der immerhin im Bereich der Möglichkeit lag, wusste ich zwar, was ich zu tun hatte, aber ich hätte mich dann jedenfalls in keiner beneidenswerten Lage befunden. Unter diesen Erwägungen war ich abwärts bis zur Abzweigung des Stollens gekommen, die zu der Balkentür führte, und bog in die Richtung auf diese ein. Nun noch fünfhundert Schritte, dann stand ich hinter der Tür, jenseits der ich die Feinde vermutete.

Einige Augenblicke blieb ich stehen und horchte. Nichts regte sich. Oder doch? Klang es nicht wie leises, halbunterdrücktes Flüstern zu mir herein? Nun, der nächste Augenblick würde zeigen, wie die Sachen standen. Ich schob den Riegel zurück und stieß die Tür auf. Ja, da saßen und standen sie eng nebeneinander zwischen den Mauertrümmern eingezwängt und vom Licht des Mondes hell beleuchtet. In meiner nächsten Nähe stand ein Mann, den ich sofort als denjenigen erkannte, der bei der Höhle Atafrah das große Wort geführt hatte, also der Scheik. Ich war nicht wenig gespannt, wie sie sich gegen mich verhalten würden.

Als sich die Tür öffnete, verstummte das Flüstern. Jene, die am Boden saßen, erhoben sich, und die weiter rückwärts standen, drängten nach vorn, wo ich mich befand. Ich war wohlweislich nicht aus dem Schatten des Gangs herausgetreten und hielt die Fackel mit der Linken so, dass der Schein nicht auf mein Gesicht fiel. Da zum Glück die Tür nicht im Bereich des Mondlichts lag, waren von meiner Gestalt nur die Umrisse zu sehen, und an mir lag es nun, zu verhindern, dass mir die Beni Sebîd, die offenbar durch das lange Warten ein wenig ungeduldig geworden waren, zu nah auf den Leib rückten.

Deshalb machte ich eine gebieterische Handbewegung, die, wie ich mit Genugtuung bemerkte, einen sofortigen Stillstand der Vorwärtsbewegung zur Folge hatte. Dann streckte ich die rechte Hand warnend in die Höhe und legte die Hand mit einer bedeutsamen Gebärde an den Mund, was nach der Zeichensprache aller Völker eine Mahnung zur Vorsicht und zum Schweigen bedeutet. Hierauf wandte ich mich in den Gang zurück. Der Scheik machte zwar Miene, mich anzureden, aber ich wies ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung zurück, die ihm sagte, dass jetzt keine Zeit zu unnötigem Plaudern sei, und entfernte mich gegen das Innere des Gangs. Nach ungefähr dreißig Schritten blieb ich stehen und wartete. Was würden sie tun? Würden sie kommen oder hatten sie Verdacht geschöpft?"