Erster Deutscher Männergesundheitsbericht - Ein Pilotbericht

Erster Deutscher Männergesundheitsbericht - Ein Pilotbericht

von: Doris Bardehle, Matthias Stiehler (Hrsg.)

W. Zuckschwerdt Verlag, 2010

ISBN: 9783886039876 , 211 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 24,99 EUR

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Erster Deutscher Männergesundheitsbericht - Ein Pilotbericht


 

Männerkrankheiten (S. 112-113)

In der Öffentlichkeit wird üblicher- und „üblerweise“ nur selten von Männerkrankheiten gesprochen. Sie sind weitgehend tabuisiert. Dazu trägt der Mann selbst bei, weil mit einer geschlechtsspezifischen Erkrankung auch auf eine geminderte Präsenz und Leistungsbereitschaft geschlossen wird. Demgegenüber beschäftigen uns Frauenkrankheiten intensiv.

Der öffentliche Raum – insbesondere die Medien – sind mit Frauenoffensiven besetzt, was am Brustkrebs der Frau besonders deutlich wird. Hier ist sogar die Anteilnahme öffentlich. Sie bestimmt auch die politische Diskussion und die Entscheidungen, was sich nicht nur an den offiziellen Angeboten zur Früherkennung zeigt. Nachfolgend werden die männerspezifischen Erkrankungen der Prostata sowie die Sexual- und die Fertilitätsstörungen dargestellt. Im Gegensatz zum Brustkrebs ist der Prostatakrebs defizitär besetzt.

Das betrifft auch die Vergabe von Forschungsgeldern. Weil sich Urologen zunehmend auf das Prostatakarzinom und hierbei insbesondere auf die Organentfernung konzentrieren, ist zwar der Mann bei ihnen einerseits gut aufgehoben, aber andererseits darf Männergesundheit nicht auf den PSA-Test und die radikale Prostatektomie reduziert werden. Männliche Gesundheit geht weit über die Prostata hinaus. Unsere Gesellschaft hat ein unterschiedliches Verständnis von Frauen- und Männergesundheit und es stellt sich die Frage, wo der Mann seine Gesundheit mit einem angemessenen Aufwand suchen und finden kann.

1 Erkrankungen der Prostata

Viele typische „Männerkrankheiten“ betreffen die Prostata (Vorsteherdrüse). Prostatakarzinom, benignes Prostatasyndrom und Prostatitissyndrom sind neben Herz-Kreislauf- Affektionen die häufigsten Erkrankungen bei Männern im höheren Lebensalter [24]. Daher verwundert es nicht, wenn sich die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Urologen vorwiegend um dieses eine Organ bemüht. Mit Ausnahme der Entzündungen erlangt aber dieses Organ erst in der zweiten Lebenshälfte des Mannes die Bedeutung, die es zum Gegenstand großer Veranstaltungen und zum Inhalt vieler Sprechstunden und Operationssäle macht. Zu oft wird dann Männergesundheit auf die (frühe) Erkennung des Prostatakarzinoms und seine Entfernung reduziert.

Die Prostata, eine akzessorische Geschlechtsdrüse in Größe und Form einer Kastanie, ist unterhalb der Harnblase des Mannes lokalisiert und umschließt dort die Harnröhre. Da die Prostata an der Rückseite an das Rektum, also den Enddarm grenzt, kann sie von dort ertastet werden. Dies wird z. B. im Rahmen von Vorsorgemaßnahmen genutzt, bei denen von Alters her versucht wird, durch den sog. Fingertest Hinweise auf Prostataveränderungen zu erfassen. Müsste man dieses Organ porträtieren, so spräche man von einer im kleinen Becken verborgenen Sammeldrüse. Als Dirigentin kontrolliert sie die sich hier kreuzenden Samen- und Harnwege.