Topothesie - Der Mensch in artgerechter Haltung

von: Gunter Dueck

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783540268314 , 400 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 26,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Topothesie - Der Mensch in artgerechter Haltung


 

X. Wundheilung: Wer den Sinn sucht, geht meist zu weit! Denn das Beste ist nie gut genug, weil das Gute besser ist … (S. 201-202)

1. Den Imperativ kategorisch an den Kanthaken!

Das Betaartige darf nicht so überhand nehmen! Wir müssen wieder mehr Alphaethik einführen, sonst bewältigen, arbeiten, streben und hetzen wir uns zu Tode – durchschnittlich geworden in ermüdenden Warteschleifen. Den Weg in diese Richtung beginne ich nun zu beschreiben. Wir dürfen uns nicht damit aufreiben, Probleme zu lösen, die durch das Aufreiben überhaupt erst entstehen. Wir sollten nicht Krieg führen, um Frieden zu schaffen. Wir sollten nicht schuften, um uns hinterher irrealere Wünsche leisten zu können. Es geht nicht um das Überleben, nicht einmal um das Heilen der Wunden, sondern um ein überquellendes Leben. Im Grunde müssten wir erst einmal verstehen, dass es das theoretisch geben könnte, ein glückliches Leben! Immanuel Kant philosophierte über das Gute.

Er sucht es im Menschen selbst und findet es dort, verankert als „das moralische Gesetz", das im Menschen das Gute selbst weiß. „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir." Das sind Kants berühmt gewordene Worte, die ich schon in Omnisophie zitierte und die mich irgendwie nachträglich enttäuschten, weil ich sie ähnlich bei Aristoteles schon fand. („Die Vorstellung der Menschen von den Göttern entspringt einer doppelten Quelle: den Erlebnissen der Seele und der Anschauung der Gestirne.")

Das moralische Gesetz ist nach Kant in allen Menschen vorhanden als „Faktum des Bewusstseins" vom kategorischen Imperativ: Dieser fordert von allen Menschen, dass sie stets so handeln sollten, dass die Regel ihres Handelns ein allgemeines öffentliches Gesetz sein könne. Dieses Prinzip stellt nach Kant im Menschen das Grundgesetz der Vernunft dar. Gut ist, was diesem Prinzip folgt. Böse ist, was dagegen verstößt. Nach Platon findet der Mensch das Gute und Höchste nur als Ergebnis eines mühevollen, langen Ringens um das tiefe Verständnis der Idee des Guten. Kant aber sagt – ganz gegen Platon – das moralische Gesetz (der Imperativ) sei in jedem Menschen vorhanden, ohne jede Philosophie, ohne jedes Ringen. Die tiefe Ehrfurcht vor diesem Gesetze führe den Menschen ganz von allein zum Guten. Insbesondere sei kein Gott nötig, um die Entscheidung über gut und böse zu treffen. Der Mensch mit dem innewohnenden moralischen Gesetz könne allein über das Gute und das Böse entscheiden.

Allerdings empfand Kant es für den normalen Menschen ziemlich hart, sich im Handeln strikt an die Pflichtethik des moralischen Gesetzes zu halten. Was wäre denn die Belohnung für einen Menschen, der unausgesetzt und aufopfernd seine Pflicht und nichts als seine Pflicht täte? Er wäre dabei ja vielleicht nicht glücklich und sein Leben wäre vielleicht nicht schön! Kant verneint selbst, dass das Gute ausschließlich aus sich selbst Lohn für sich selbst sein könne.

Das Gute zu tun müsse sich für den Guten schließlich wirklich lohnen! Wenn sich das Gute nicht lohnt, kann nach Kant nicht realistisch angenommen werden, dass das Gute unverdrossen getan wird. Woher bekommt also der Mensch, der seine harte Pflicht tut, seine Genugtuung, immer gut zu sein? Kant postuliert dafür unseren Gott und unsere Unsterblichkeit. Es muss gefordert werden, dass es einen Gott und die Unsterblichkeit gibt. Gott garantiert die Vergeltung des Guten.