Skulduggery Pleasant (Band 3) - Die Diablerie bittet zum Sterben - Urban-Fantasy-Kultserie mit schwarzem Humor

Skulduggery Pleasant (Band 3) - Die Diablerie bittet zum Sterben - Urban-Fantasy-Kultserie mit schwarzem Humor

von: Derek Landy

Loewe Verlag, 2013

ISBN: 9783732000708 , 352 Seiten

2. Auflage

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 9,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Skulduggery Pleasant (Band 3) - Die Diablerie bittet zum Sterben - Urban-Fantasy-Kultserie mit schwarzem Humor


 

DER TATORT

Der Tote lag mit dem Gesicht nach unten im Wohnzimmer neben dem Couchtisch. Cameron Light – so hatte er geheißen, als sein Herz noch geschlagen und seine Lunge noch gearbeitet hatte. Sein Blut war in den Teppich gesickert und eingetrocknet; an der Stelle, an der er lag, war ein großer Fleck. Er war erstochen worden, ein einziger Stich in den unteren Rücken. Der Tote war vollständig bekleidet, seine Hände waren leer und es gab keine Anzeichen eines Kampfes in dem Zimmer.

Walküre bewegte sich in dem Raum, wie sie es gelernt hatte. Suchend ließ sie den Blick über Boden, Wände und Möbel gleiten, wobei sie es vermied, die Leiche anzusehen. Sie spürte keinerlei Verlangen, sich das Opfer genauer als unbedingt nötig anzuschauen. Ihre dunklen Augen wanderten zum Fenster. Der Spielplatz auf der anderen Straßenseite war leer; die Rutschen glänzten nass vom Regen und die Schaukeln knarrten in der frischen morgendlichen Brise.

Als sie Schritte im Raum hörte, drehte sie sich um und sah, wie Skulduggery Pleasant ein kleines Tütchen Pulver aus seiner Jackentasche zog. Er trug einen Nadelstreifenanzug, der erfolgreich seinen Skelettkörper verbarg, und der Hut war bis knapp über die Augenhöhlen in die Stirn gezogen. Skulduggery steckte einen behandschuhten Finger in das Tütchen und begann zu rühren, damit die Klümpchen sich auflösten.

„Schon irgendwelche Vermutungen?“, fragte er.

„Er wurde überrascht“, antwortete sie. „Das Fehlen jeglicher Verteidigungsspuren bedeutet, dass er keine Zeit hatte, sich zu wehren. Genau wie die anderen.“

„Dann hat sich der Mörder entweder vollkommen lautlos genähert …“

„… oder seine Opfer haben ihm vertraut.“ Irgendetwas kam ihr merkwürdig vor an dem Zimmer, irgendetwas passte nicht ins Bild. Sie blickte sich noch einmal um. „Bist du sicher, dass er hier gewohnt hat? Ich sehe keine Bücher über Zauberei, keine Talismane an den Wänden, keine Zauberutensilien, nichts in dieser Richtung.“

Skulduggery zuckte mit den Schultern. „Es gibt Magier, die gern auf beiden Seiten leben. Normalerweise lebt die Gemeinschaft der Zauberer in einer Geheimwelt, aber es gibt Ausnahmen – Magier, die in der sogenannten ‚sterblichen Welt‘ arbeiten und verkehren. Mr Light hatte offenbar ein paar Freunde, die nicht wussten, dass er ein Zauberer war.“

Auf einem Regal standen gerahmte Fotografien von Light und anderen Personen. Freunden. Menschen, die ihm nahestanden. Wenn man allein von den Fotos ausging, hatte er ein schönes Leben gehabt, ein geselliges Leben. Damit war jetzt natürlich Schluss. Es gab keinen Cameron Light mehr, da auf dem Teppich lag nur noch seine leere Hülle.

Tatorte waren ganz schön deprimierend, stellte Walküre fest.

Sie schaute zu Skulduggery hinüber und sah, wie das Pulver zu Boden schwebte und verblasste, bevor es aufkam. Es wurde Regenbogenstaub genannt, da auch kleinste Spuren von Magie seine Farbe veränderten. In diesem Fall jedoch behielt das Pulver seine Farbe.

„Nicht die geringste Spur“, murmelte er.

Die Couch verdeckte zwar den Blick auf die Leiche, aber ein Fuß guckte noch hervor. Cameron hatte schwarze Schuhe und graue Socken getragen, deren Bündchen völlig ausgeleiert waren. Die Haut an seinem Knöchel war blass. Walküre machte einen Schritt zur Seite, damit sie den Fuß nicht mehr sehen musste.

Ein Mann mit Glatze, breiten Schultern und stechend blauen Augen trat zu ihnen. „Inspektor Crux ist hier“, sagte Mr Bliss. „Wenn man euch an einem Tatort erwischt …“

Er beendete den Satz nicht. Es war auch nicht nötig.

„Wir sind schon weg“, beruhigte ihn Skulduggery. Er zog seinen Mantel an und wickelte den Schal um seine untere Gesichtshälfte. „Übrigens: danke, dass du uns Bescheid gesagt hast.“

„Inspektor Crux ist für die Untersuchung eines solchen Falles nicht der richtige Mann“, erwiderte Bliss. „Deshalb braucht das Sanktuarium dich und Miss Unruh. Ihr müsst wieder für uns arbeiten.“

In Skulduggerys Stimme schwang leichte Belustigung mit. „Ich fürchte, Thurid Guild könnte in diesem Punkt nicht deiner Meinung sein.“

„Ich habe den Großmagier trotzdem gebeten, sich heute Nachmittag mit euch zu treffen, und er hat zugesagt.“

Walküre hob eine Augenbraue, sagte aber nichts. Bliss war einer der mächtigsten Männer, aber zufällig auch einer der Furcht einflößendsten. In seiner Gegenwart überkam sie immer noch das kalte Grausen.

„Guild will mit uns sprechen?“, hakte Skulduggery nach. „In einer solchen Sache seine Meinung zu ändern, sieht ihm gar nicht ähnlich.“

„Wenn die Umstände es erfordern …“, war alles, was Bliss darauf antwortete.

Skulduggery nickte und ging; Walküre verließ nach ihm das Wohnzimmer. Obwohl der Himmel bedeckt war, setzte der Skelett-Detektiv eine Sonnenbrille auf, die seine Augenhöhlen vor Passanten verbarg. Doch vor welchen Passanten eigentlich? Bei diesem Wetter, so schien es, blieb jeder, der seine fünf Sinne beisammenhatte, zu Hause.

„Vier Opfer“, bemerkte Skulduggery, „und alles Teleporter. Warum?“

Walküre knöpfte ihren Mantel zu, was sie einige Mühe kostete. Ihre schwarzen Kleider hatten ihr so oft das Leben gerettet, dass sie schon gar nicht mehr mitzählte. Doch bei jeder Bewegung wurde sie daran erinnert, dass sie gewachsen und keine zwölf mehr war. Die Stiefel hatte sie wegschmeißen müssen, weil sie ihr wirklich nicht mehr passten, und sich dafür ein normales Paar Schuhe in einem gewöhnlichen Laden kaufen müssen. Grässlich Schneider musste sich endlich wieder von einer Statue in einen Menschen zurückverwandeln und ihr unbedingt ein neues Outfit nähen. Sie erlaubte sich kurz ein schlechtes Gewissen wegen so viel Egoismus, dann kam sie wieder zur Sache.

„Vielleicht haben Cameron Light und die anderen Teleporter dem Mörder etwas angetan und das ist seine – oder ihre – Rache.“

„Das wäre Theorie Nummer eins. Hast du weitere?“

„Vielleicht brauchte der Mörder etwas von ihnen?“

„Zum Beispiel?“

„Keine Ahnung. Was Teleporter eben so haben.“

„Warum bringt er sie dann um?“

„Vielleicht handelt es sich um etwas, das man nur benutzen kann, nachdem man den Vorbesitzer umgebracht hat, so wie das beim Zepter der Urväter der Fall ist.“

„Dann wäre das Theorie Nummer zwei.“

„Oder der Mörder suchte etwas, was einer von ihnen hatte, und hat sich einfach durch die Teleporter durchgemordet, bis er den richtigen gefunden hatte.“

„Das wäre auch eine Möglichkeit – also Theorie Nummer zwei, Variante B.“

„Was bin ich froh, dass du die Sache nicht unnötig verkomplizierst“, brummte sie.

Ein schwarzer Van hielt neben ihnen. Der Fahrer stieg aus, vergewisserte sich, dass ihn niemand beobachtete, und öffnete dann die Schiebetür an der Seite. Zwei Sensenträger kletterten heraus und stellten sich schweigend auf. Sie waren ganz in Grau gekleidet und hatten ihre Gesichter hinter dem Visier ihrer Helme verborgen. Beide trugen eine ein Meter achtzig lange Sense bei sich. Der letzte Fahrzeuginsasse, der dunkle Hosen und einen passenden Blazer trug, stieg aus und stellte sich zwischen die Sensenträger. Remus Crux hatte eine hohe Stirn und ein Ziegenbärtchen, das ein Kinn vortäuschen sollte. Er schaute Skulduggery und Walküre geringschätzig an.

„Oh“, sagte er, „ihr seid es.“

Er hatte eine seltsame Stimme und hörte sich an wie eine verwöhnte Katze, die nach ihrem Fressen verlangt.

Skulduggery wies mit dem Kinn auf die Sensenträger rechts und links von ihm. „Wie ich sehe, bist du heute inkognito unterwegs.“

Crux wehrte sich sofort entrüstet: „Ich bin Chefinspektor des Sanktuariums, Mr Pleasant. Ich habe Feinde und brauche deshalb Bodyguards.“

„Aber müssen sie wirklich mitten auf der Straße stehen?“, fragte Walküre. „Sie sehen ziemlich verdächtig aus.“

Crux grinste verächtlich. „Große Worte für eine Dreizehnjährige.“

Walküre widerstand der Versuchung, ihm eine reinzudonnern. „Eigentlich nicht“, erwiderte sie. „Das sagt mir mein gesunder Menschenverstand. Außerdem bin ich vierzehn. Und übrigens: Ihr Bart ist lächerlich.“

„Ist das nicht eine wahre Freude“, meinte Skulduggery strahlend, „dass wir drei so prächtig miteinander auskommen?“

Crux warf Walküre einen finsteren Blick zu, dann wandte er sich an Skulduggery. „Was macht ihr überhaupt hier?“

„Wir kamen zufällig vorbei und hörten, dass es wieder einen Mordfall gegeben hat. Da dachten wir uns, wir könnten vielleicht einen Blick auf den Tatort werfen. Wir sind eben erst gekommen. Siehst du vielleicht eine Möglichkeit …?“

„Tut mir leid, Mr Pleasant“, entgegnete Crux steif. „Da diese Verbrechen auf internationaler Ebene angesiedelt sind und das Interesse daran sehr groß ist, erwartet der Großmagier äußerste Professionalität in meiner Vorgehensweise und ich habe strikte Anweisungen, was dich und Miss Unruh betrifft. Er will auf gar keinen Fall einen von euch auch nur im Entferntesten in Sanktuariumsangelegenheiten verwickelt sehen.“

„Aber das hier sind keine Sanktuariumsangelegenheiten“, widersprach ihm Walküre. „Es ist lediglich ein Mord. Cameron Light hat überhaupt nicht für das Sanktuarium gearbeitet.“

„Es handelt sich um offizielle Sanktuariumsermittlungen, was die Sache zu einer offiziellen Sanktuariumsangelegenheit macht.“

Skulduggerys Ton war ausgesprochen freundlich. „Und wie kommst du mit den Ermittlungen voran? Du stehst wahrscheinlich...