Handbuch Lernstrategien

von: Heinz Mandl, Helmut Felix Friedrich

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2006

ISBN: 9783840918131 , 425 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 32,99 EUR

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Handbuch Lernstrategien


 

2 Schemata als bewusste Lernstrategien (S. 140-142)

Werden Schemata als bewusste Lernstrategie eingesetzt, so wird versucht, beim Lernenden anhand geeigneter instruktionaler Vorgaben ein fremdes Schema zu induzieren, um den Wissenserwerb zu verbessern. Hierbei handelt es sich um Schemata, die von Experten erstellt werden. Es gibt zwei Möglichkeiten, diese Expertenschemata einzusetzen: Entweder werden Lernende explizit in der Anwendung dieses Schemas trainiert oder es wird implizit in die Lernumgebung integriert. Diese expliziten und impliziten Trainings von Schemata haben unterschiedliche Vor- und Nachteile. Bei expliziten Trainings wird durch die intensive Lernphase eine stärkere kognitive Auseinandersetzung mit dem vorgegebenen Schema erreicht, allerdings zulasten eines höheren zeitlichen Aufwands. Werden Schemata direkt in die Lernumgebung integriert, wird die Einarbeitungszeit zwar verkürzt, zugleich besteht jedoch die Gefahr einer inadäquaten Nutzung – in Abhängigkeit vom Vorwissen der Lernenden und von der Elaboriertheit des angebotenen Schemas.

Drei verschiedene Formen von Schemata werden als Nächstes vorgestellt und mit Beispielen zu direkten und indirekten Trainingsmaßnahmen zur Anwendung dieser Schemata illustriert: Darstellungsschemata für das Verstehen von Texten, Problemlöseschemata und Schemata zum Lösen von Fällen.

2.1 Darstellungsschemata

Darstellungsschemata umfassen Super- oder Metastrukturen über verschiedene Textsorten. Die kognitive Beschäftigung mit komplexen Theorietexten kann durch trainierte und in der Lernumgebung vorgegebene Wissensschemata unterstützt werden. Eine von Brooks und Dansereau (1983) entwickelte Trainingsmethode für das bessere Verständnis von theoretischen Texten bestand in der Formulierung und Beantwortung thematisch relevanter Fragestellungen, die Lernende auf die zentralen Konzepte des Textes aufmerksam machen sollten. Das entwickelte Wissensschema „DICEOX" strukturierte in Form einer Tabelle die sechs zentralen Aspekte der zu erlernenden Theorie. Sie umfassten die Beschreibung der wichtigsten theoretischen Annahmen (Description), die historische Entwicklung der Theorie (Inventor/History), die damit verbundenen Implikationen (Consequences), die dafür notwendigen Beweise (Evidence) und den Bezug zu anderen Theorien (Other Theories) oder weiteren relevanten Informationen (X-tra Information). In zwei Experimenten zeigte sich die Überlegenheit der Schemavorgabe für den Wissenserwerb (Brooks & Dansereau, 1983).

Ohlhausen (1985) konnte diesen Befund im Fach Geografie replizieren. Neben einem expliziten Training können Strukturierungshilfen auch direkt in der Lernumgebung verankert sein, unter anderem in Form von Advance Organizer (Ausubel, 1960). Diese stellen kurze inhaltlich aufeinander bezogene Informationen bereit, die die zentralen Konzepte des Lehrmaterials in allgemeiner, inklusiver und abstrakter Form darstellen. Ebenso können aber auch zentrale Fragestellungen zum besseren Verständnis direkt integriert werden. So wurde in einer Videokonferenzstudie zum Peer-Teaching von Ertl, Reiserer und Mandl (2002) das Wissensschema auf dem Computer-Interface in Form einer Tabelle mit vier Kategorien und acht Leitfragen konzipiert. Die Kategorien umfassten Fragen zu den zentralen theoretischen Konzepten („Was sind die wichtigsten Begriffe der Theorie?"), den empirischen Befunden („Wie wurde die Theorie untersucht?"), den pädagogischen Konsequenzen („Welche pädagogischen Handlungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Theorie?") und zur eigenen Bewertung („Was gefällt uns an der Theorie?"). Damit wurde die inhaltliche Strukturierung unmittelbar in die Lernumgebung integriert. Hier zeigten sich positive Effekte für den kooperativen Lernerfolg (Ertl et al., 2002).

2.2 Problemlöseschemata

Eine weitere Möglichkeit, Schemata als Lernstrategie einzusetzen, liegt im Bereich des Problemlösens. In einer Studie in der Domäne Ökonomie hatten Lernende die Aufgabe, computersimuliert eine Jeansfabrik zu leiten, um den Gewinn zu maximieren (Stark, Gruber, Renkl & Mandl, 1998). Darin musste der Jeanspreis und die Stückzahl der Produktion festgelegt werden. Um das Problemlösen zu verbessern, wurden die Lernenden in folgendem Schema trainiert:

1. Sammeln der Informationen und Analyse der vorhandenen Daten.
2. Bestimmung und Begründung der getroffenen Entscheidungen.
3. Vorhersage des Preises der Konkurrenten, Vorhersage des eigenen Absatzes und des zu erzielenden Profits.
4. Bewertung der Ergebnisse, Vergleich derselben mit den getroffenen Vorhersagen und Ziehen von Schlussfolgerungen.

Die Studie ergab, dass Lernende, die nach dem Training mithilfe dieses Problemlöseschemas arbeiteten, besser abschnitten als Lernende ohne das Schema.