Heißkanal-Technik

von: Peter Unger

Carl Hanser Fachbuchverlag, 2004

ISBN: 9783446401327 , 260 Seiten

Format: PDF, OL

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Preis: 109,99 EUR

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Heißkanal-Technik


 

3.8 Angießdüsen (S. 97-99)
3.8.1 Allgemeines
Die Angießdüse leitet die Schmelze vom Heißkanal-Verteilerblock zum Anschnitt, in dessen Bereich eine scharfe Trennung zwischen „heiß" und „kalt" vorliegen muss. Die notwendige Wärmetrennung setzt gezielte konstruktive, werkstoff- und wärmetechnische Maßnahmen voraus. Notwendigerweise sind Erfahrungen dabei von besonderer Bedeutung. Unterschiedliche Thermoplaste verlangen häufig werkstoffspezifische Besonderheiten in der Auslegung der Angießdüsen und vor allem in der des Anschnittbereichs.

An Angießdüsen werden verschiedene Anforderungen gestellt: • thermische Homogenität, damit auch Vermeiden von Temperaturspitzen,
• keine toten Ecken, keine Stagnationsstellen und damit vollständige Spülung,
• keine thermische Schädigung der Schmelze,
• geringe Wärmeverluste,
• möglichst geringe Druckverluste, um Temperaturerhöhungen durch Dissipation zu minimieren,
• rascher Farbwechsel,
• kein Fadenziehen,
• geringstmöglicher Verschleiß aller mit der Schmelze in Kontakt stehenden Oberflächen,
• korrosionsbeständig, d.h. chemisch inert gegenüber der Schmelze und ggf. gegenüber flüchtigen Substanzen,
• hohe Dauerschwellfestigkeit unter Prozessbedingungen, das gilt im besonderen Maße für Düsen aus Kupfer oder Kupferknetlegierungen,
• hohe Warmfestigkeit,
• Quellfluss muss möglich sein,
• Regelbarkeit der Düsenheizung und
• möglichst kurze Wärmeleitwege.

Um schraubbare Düsenspitzen montieren oder demontieren zu können, müssen die Angießdüsen gegen Verdrehen gesichert werden.

3.8.2 Offene Angießdüsen

Offene Angießdüsen sind durch einen glatten Kanal ohne Strömungshindernisse und/oder Umlenkungen gekennzeichnet. Am Formteil verbleibt je nach Anschnittgestaltung, Viskosität der Schmelze und Art des Kunststoffs (amorph/ teilkristallin, gefüllt/ungefüllt) ein mehr oder minder großer Anschnittrest, der im Extremfall mechanisch abgetrennt werden muss. Nicht zuletzt aus Gründen ihrer relativen Einfachheit und ihres relativ niedrigen Druckverlustes, sollte offenen Düsen nach Möglichkeit der Vorzug gegenüber technisch aufwändigeren, verschließbaren Systemen gegeben werden.

Der in der Literatur gelegentlich für das Wirkprinzip offener Angießdüsen gebrauchte Begriff „Wärmeverschluss" [34] (Verschluss durch Wärme?) wird hier nicht übernommen, sondern in einem anderen Zusammenhang sinngemäß als „thermischer Verschluss" (thermisches Öffnen und Verschließen des Anschnitts, s. Abschnitt 3.8.4.2) verwendet.

Offene Düsen begünstigen das Fadenziehen, wie z.B. bei PP, s. Abschnitt 12.1. Um den Anschnittrest zu minimieren, d.h. die Abrissqualität zu verbessern, bieten sich offene Düsen mit Spitzen an. Für offene Düsen, z.B. mit seitlichen Anschnitten, sind wärmeleitende Spitzen („Torpedos") häufig zum sicheren Vermeiden kalter Pfropfen notwendig, s. Abschnitt 3.8.3.3.

Anschnittdurchmesser bis ca. 3,5 (4) mm sind mit offenen Düsen zu erzielen. Größere geforderte Durchmesser setzen notwendigerweise verschließbare Systeme voraus. Die einzelnen Elemente einer offenen Düse, wie z.B. die Düsenspitze, sollten im Bedarfsfall „in der Maschine" auswechselbar sein. Beispiele offener Angießdüsen zeigt Tabelle 3.7. Unterschiedliche Kunststoffe bedingen verschiedene konstruktive bzw. wärmetechnische Maßnahmen für die Gestaltung der Kontaktfläche der Düse im Anschnittbereich. Tabelle 3.8 sind die minimalen Temperaturdifferenzen Tmin = Massetemperatur minus Schmelztemperatur unterschiedlicher Thermoplaste zu entnehmen. Eine kleine Differenz bedeutet einen geringen Abstand zur Einfrier- oder Schmelztemperatur, eine große Differenz entsprechend umgekehrt. Die praktische Konsequenz besteht darin, dem Anschnittbereich z.B. durch eine Wärmeleitspitze Wärme zuzuführen, um das Einfrieren des Anschnitts zu vermeiden. Dies gilt besonders für teilkristalline Thermoplaste. Demgegenüber muss die Wärmezufuhr für die Verarbeitung amorpher Thermoplaste geringer sein.