Variantenmanagement - Lösungsansätze in den einzelnen Phasen des Produktlebenszyklus zur Beherrschung von Variantenvielfalt

von: Tonja Schmid

Diplomica Verlag GmbH, 2009

ISBN: 9783836623872 , 92 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: frei

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 43,00 EUR

Mehr zum Inhalt

Variantenmanagement - Lösungsansätze in den einzelnen Phasen des Produktlebenszyklus zur Beherrschung von Variantenvielfalt


 


"Kapitel 2.3, Auswirkungen der Variantenvielfalt:
Im Anschluss an die vielfältigen Ursachen der Variantenvielfalt können nun die Auswirkungen dargestellt werden. Dabei lassen sich Nutzen-, Komplexitäts- und Kostenwirkungen für das Unternehmen unterscheiden.
Nutzenwirkung (Vorteile) der Variantenvielfalt:
Ein breites Produktspektrum bringt - richtig eingesetzt – erheblichen Nutzen für das Unternehmen. Die Kundenorientierung durch eine zunehmende Anzahl von Produktvarianten soll zu einer Umsatzerhöhung und Nutzensteigerung führen. Hierbei muss zwischen der Nutzenwirkung des Kunden und der des Unternehmens unterschieden werden. Die Präferenzbildung des Kunden und der daraus folgenden Kaufentscheidung für ein Produkt, orientiert sich an dem durch das Produkt gestifteten Kundennutzen. Dieser ergibt sich zum einen aus den Produkteigenschaften, aber auch aus der Erfahrung im Zusammenhang mit dem Kauf, Service, usw. bis hin zur Bewertung des Markennamens. Zum anderen stehen dem die Kosten, also der Kaufpreis entgegen. Rationales Verhalten vorausgesetzt, entscheidet sich der Kunde nur dann für ein Produkt, wenn der Nutzen die Kosten übersteigt. Dabei ist zu beachten, dass die Nutzenbewertung subjektiv erfolgt und von Kunde zu Kunde stark variiert. In dieser Situation hat Variantenbildung das Ziel, durch geeignete Kombinationen von Leistung und Preis eine für den Abnehmer attraktive und für das Unternehmen geeignete Kundennutzenposition zu erreichen.
Für das Unternehmen liegt der Nutzen für die Bildung zusätzlicher Varianten darin, neue Kunden(-gruppen) zu erschließen und damit zusätzliche Erlöse aufgrund einer Volumensausweitung zu realisieren. Der Hauptzweck der Variantenbildung ist darin zu sehen, eine dem Wettbewerb überlegene Kundennutzenposition zu schaffen. Durch eine bessere Anpassung an die Kundenanforderungen wird ein größerer Kundennutzen generiert, der eine höhere Preissetzung ermöglichen soll. Wie ABC-Analysen der Produktprogramme in den Unternehmen aber zeigen, ist der Nutzen- bzw. Umsatzverlauf mit steigender Anzahl von Varianten in der Regel aber degressiv (vgl. Abb.6). Erfolgreiche Unternehmen führen in ihren Produktprogrammen bei gleichem Umsatz weitaus weniger Varianten und vergleichsweise weniger C-Produkte (vgl. 6.1.2).
Der Nutzen für Kunden und Unternehmen ist durch das einzelne Produkt bzw. das Produktsortiment immer in Verbindung zu den anfallenden Kosten zu sehen. Nur eine optimal gewählte Produktvielfalt gewährleistet einen nachhaltigen Unternehmensgewinn bei gleichzeitig zufriedenen Kunden.
Komplexität als Folge der Variantenvielfalt:
Die Komplexitätswirkungen eines variantenreichen Produktprogramms lassen sich nicht an einem Unternehmensbereich festmachen, sondern führen zu einem Anwachsen der Komplexität in allen betrieblichen Strukturen und Abläufen und während des gesamten Produktlebenszyklus. Jedes einzelne baustrukturell unterschiedliche Merkmal eines neuen Produktes führt bei seiner Veränderung bzw. Variation zu einer neuen Variante. Diese Entwicklung kann leicht anhand des Ausstattungskatalogs eines Automobilherstellers nachvollzogen werden. Hier ergeben 9 Muss- und 14 Kann-Varianten rechnerisch fast 9 Milliarden verschiedene Produktvariationen (vgl. Tabelle 1).
Die Daten für jede einzelne Variante werden in herkömmlichen EDV-Systemen über explizit angelegte Teilestämme, Stücklisten und Arbeitspläne abgebildet. Durch die Kombinationsmöglichkeit der angebotenen Optionen nimmt die Anzahl dieser Daten explosionsartig zu. So ist es keine Seltenheit, dass zu im Grunde ein und demselben Produkt viele tausende Teilestämme mit den entsprechenden Fertigungsgrunddaten vorgehalten werden müssen. Die Folge davon ist ein enormer Pflegeaufwand dieser in hohem Maße redundanten Daten.
Es entsteht ein komplexes Zusammenspiel von betrieblichen Elementen wie Personen, Produktvarianten, Dokumenten, EDV-Systemen und Produktionsanlagen, die wiederum in vielfältigen Beziehungen zueinander stehen. Diese Koordinationskomplexität wird noch unnötig verstärkt, indem Sachverhalte nicht genau oder in verschiedenem Kontext immer wieder different abgegrenzt werden, z.B. wenn Einkauf, Konstruktion und Verkauf für gleiche Objekte bzw. Sachverhalte unterschiedliche Bezeichnungen und Klassifikationen verwenden. Hieraus wird die Notwendigkeit nach einem durchgängigen, alle Phasen der Wertschöpfungskette umfassenden Variantenmanagement ersichtlich.
Kostenwirkung der Variantenvielfalt:
Die Kostenwirkungen der Variantenvielfalt treten in der Regel funktionsübergreifend und zeitverzögert auf, d.h. nahezu alle Unternehmensfunktionen sind während des gesamten Produktlebenszyklus von der Vielfalt betroffen. Dabei wird zwischen direkten Kostenwirkungen, die einmalig oder laufend auftreten sowie den indirekten (Opportunitäts-) Kosten (vgl. Abb.7) unterschieden. Einmalige Kosten sind den einzelnen Unternehmensfunktionen zuzuordnen während laufende Kosten sich über den gesamten Lebenszyklus erstrecken.
Die Zeitverzögerung entsteht dadurch, dass bei einer zunächst marginalen Zunahme der Produkt- und Prozessvielfalt noch keine erkennbaren Kostenzuwächse festgestellt werden können. Erst ab einer bestimmten Anzahl sind zusätzliche Investitionen (z.B. zusätzliche Mitarbeiter, leistungsfähigeres Informationssystem, Erweiterung des Lagers) notwendig."