Zuckerküsse und Lamettaglitzern - Liebesroman

Zuckerküsse und Lamettaglitzern - Liebesroman

von: Candis Terry

MIRA Taschenbuch, 2018

ISBN: 9783955768546 , 304 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 8,99 EUR

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Zuckerküsse und Lamettaglitzern - Liebesroman


 

1. Kapitel

»Du kriegst das doch fertig, oder?«

Die durchdringende Kälte des Novembertags hing in der Luft. Parker Kincade blickte zu seinem älteren Bruder Jordan, einem ehemaligen knallharten NHL-Eishockeyspieler, der früher seine Gegner auf dem Eis so hart angerempelt hatte, dass sie für eine Weile ihren Namen vergaßen. Jetzt fragte Parker sich, wie aus dem zweihundert Pfund schweren Mann, noch dazu einem zweihundertprozentigen Alphatier, so ein Weichei werden konnte.

»Das habe ich dir doch schon hundertmal gesagt.«

»Ja«, konterte Jordan. »Aber du hast auch behauptet, du hättest Britney Braxton vernascht. Die Kleine, die sich immer den Bikini ausgestopft hat. Und das war eine verdammte Lüge.«

»Weißt du was, Alter? Ich hasse es, dir das sagen zu müssen, aber du hast anscheinend doch ein paar Schläge zu viel auf den Kopf bekommen. Oder wieso kommst du hier mit etwas an, was vor fast zwei Jahrzehnten passiert ist?« Parker verschränkte die Arme vor der Brust und ahmte damit die Haltung seines Bruders nach. »Damals war ich ein Kind. Kinder lügen, um ihre älteren Brüder zu beeindrucken, die sie Schlappschwanz nennen und herausfordern, blöde Sachen zu machen.«

Jordan verzog den Mund zu einem Grinsen. »Also gibst du zu, dass du gelogen hast?«

»Ach du meine Güte.« Parker warf die Hände in die Luft. »Für so einen Scheiß hab ich wirklich keine Zeit. Falls es dir trotz des Durcheinanders hier nicht klar ist: Ich versuche, demnächst ein Restaurant zu eröffnen.« Das betreffende Restaurant bestand zurzeit aus einer Ansammlung von Brettern, Schrauben und Bauarbeitern, die mit unterschiedlichen Werkzeugen bemüht waren, den Verzug von mehreren Wochen aufzuholen. Es war Parkers einzige Möglichkeit, das Familienunternehmen nach dem Tod ihrer Eltern wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen.

»Was uns zurück zu meiner ursprünglichen Frage bringt.«

»Alter.« Parker stöhnte und streckte die Hand aus. »Gib schon her.«

»Was meinst du?«

»Deinen Mitgliedsausweis für den Club der echten Männer. Den ziehe ich hiermit ein. Du scheinst dich nämlich wirklich in Groomzilla, das Ehe-Monster, verwandelt zu haben. Und soweit ich mich erinnere, bin ich nicht dein verdammter Hochzeitsplaner.«

»Hochzeitsplaner stehen nicht in halb renovierten, hundert Jahre alten Scheunen, in denen Lucy und ich unseren Hochzeitsempfang abhalten wollen.« Jordan kniff die für die Kincades typischen blauen Augen zusammen. »Du hast versprochen, dass du den Laden rechtzeitig fertig bekommst.«

»Und das könnte auch klappen, wenn du aufhörst, alle zehn Minuten vorbeizukommen, um dich von den Fortschritten zu überzeugen. Deine Hochzeit ist doch erst in der Woche vor Weihnachten. Draußen stehen noch die Kürbisse von Halloween, und die Truthähne für Thanksgiving sind noch nicht einmal geschlachtet. Also halt endlich mal die Füße still.«

Ein wütendes Funkeln verdüsterte Jordans Blick, und ein Muskel in seinem Kiefer begann zu zucken.

Parker lachte. »Tut mir leid, Brüderchen, aber auch wenn du mit diesem Blick deine Hockeygegner einschüchtern konntest: mich nicht!«

»Mag sein, aber ich kann dir immer noch in den Arsch treten.«

»Versuch das ruhig. Aber wenn du mich verletzt, kannst du deinen ach so tollen Traum-Hochzeitsempfang im Mother Lode stattfinden lassen. Stell dir nur vor, wie enttäuscht deine süße Verlobte sein wird, wenn da jemand auf die Bühne torkelt und lallend einen Karaoke-Song zum Besten gibt, während ihr eure Hochzeitstorte anschneidet.«

»Ja, ja, schon gut. Aber ich hab dich weiter im Blick, kleiner Bruder.« Jordan führte zwei Finger an seine Augen, ehe er sie auf Parker richtete. »Enttäusch Lucy ja nicht.«

»Keine Sorge. Vor ihr habe ich mehr Angst als vor dir.« Parker fragte sich, warum es ihn so befriedigte, seinen Bruder derart aufgewühlt zu erleben. Außerdem fragte er sich, wie Jordans Verlobte es im Moment noch mit ihm aushielt. Alle anderen waren schon tierisch genervt. »Aber wenn du nicht endlich deinen Arsch von hier wegbewegst und ihn auch draußen lässt, garantiere ich dir, dass das Restaurant nicht fertig wird. Und dann heulst du mir die Ohren voll wie ein kleines Mädchen.«

Jordan starrte ihn noch einmal wütend an, zeigte Parker im Weggehen kurz den Mittelfinger und war dann – glücklicherweise – verschwunden.

Während Jordan durch die große Öffnung hinausmarschierte, in der der neue Eingang zum Restaurant entstehen sollte, rieb Parker sich die schmerzende Brust. Er stand unter Druck, bemühte sich aber krampfhaft, sich von seinen Ängsten nicht niederringen und sich die Motivation nicht austreiben zu lassen. Egal, wie groß die Erwartungen waren.

Als hätte das Schicksal ihm nicht schon genügend Steine in den Weg gelegt, war ihm auch noch die glorreiche Idee gekommen, ein Restaurant zu eröffnen. In einer Scheune. Wo früher einmal Pferde, Kühe und Schafe gefressen, gelebt und ihre schmutzigen Geschäfte verrichtet hatten. Wo Spinnen sich nicht mit einem einzigen Netz begnügten, sondern ganze Städte bauten. Und wo seine älteren Brüder angeblich die eine oder andere holde Jungfrau überredet hatten, sich im Heu ihres T-Shirts zu entledigen. Ganz zu schweigen davon, dass die Scheune auf dem Weingut der Familie in Sunshine Valley lag, nicht in den nahe gelegenen – und vor allem belebten – Städten Portland oder Vancouver, wo die Gäste zumindest die Chance hätten, das Restaurant zu finden.

Was zum Teufel hatte er sich nur dabei gedacht?

Er stand mit zurückgelegtem Kopf in der Mitte der Scheune mit den kahlen Wänden und dem provisorischen Fußboden, um den Elektrikern zuzuschauen, die auf hohen Leitern Kabel für die Beleuchtung verlegten. Es wäre schon ein verdammtes Wunder, wenn sie den Schuppen nicht abfackelten, ehe der Brandschutz die Chance hatte, das Gebäude zu inspizieren.

Sean Scott, der Architekt und Bauleiter, hatte ihm gesagt, es wäre sehr viel einfacher gewesen, ein nagelneues Gebäude zu errichten, statt dieses alte, seit mindestens zwanzig Jahren unbenutzte Gemäuer wieder zum Leben zu erwecken. Aber es gab unzählige Gründe – allesamt sehr persönliche Gründe –, warum Parker darauf beharrt hatte, dieses Kincade-Erbe zu bewahren. Egal, welche stinkenden Tiere hier gehaust hatten; er liebte diese Scheune, die sein Urgroßvater mit eigenen Händen erbaut hatte.

Es war noch ein verdammt langer Weg, ehe das Ganze zu dem Traum wurde, den er vor Augen hatte. Aber noch verspürte er Hoffnung.

Er konnte es schaffen.

Er würde es schaffen.

Er musste es schaffen.

Und zwar nicht nur, weil er seine gesamten Ersparnisse in das Projekt gesteckt hatte.

In der Vergangenheit hatte er sich – nicht ganz zu Unrecht – den Titel »schwarzes Schaf der Familie« verdient. Und auch wenn er diese Phase inzwischen überwunden hatte, musste er seiner Familie noch immer beweisen, dass er geläutert war.

»Halten Sie Ausschau nach Fledermäusen?«

Parker senkte den Blick und drehte sich in die Richtung, aus der die Frage gekommen war. An der Stelle, an der noch vor wenigen Minuten sein Bruder herumgelungert hatte, stand jetzt eine atemberaubend kurvige Frau.

»Hallo.« Ihre roten High Heels klapperten auf den Sperrholzplatten, als sie die Scheune betrat, wo Parker sie genauer mustern konnte.

Ausgewaschene Jeans schmiegten sich an wohlgeformte Hüften und Oberschenkel. Ein Ärmel ihres dünnen beigefarbenen Sweaters war heruntergerutscht und entblößte eine nackte Schulter, und das lange, seidig braune Haar fiel in weichen Locken auf ihren Rücken. Als sein Blick endlich ihr hübsches Gesicht erreicht hatte, sah er, dass ihr kirschroter Mund und die schokoladenbraunen Augen lächelten.

Okay.

Sie hatte ihn dabei erwischt, wie er sie angestarrt hatte.

Als sie vor ihm stand und die Hand ausstreckte, erkannte er, dass sie sehr viel kleiner war, als er zuerst gedacht hatte. Himmel, trotz ihrer hohen Absätze überragte er sie bei weitem.

Ihre Hand versank in seiner, als sie sich begrüßten.

»Sie sehen mich so ratlos an.« Verwirrt neigte er den Kopf zur Seite. »Kennen wir uns?«

»Noch nicht. Gabriella Francesca Montani«, sagte sie mit einer herrlich sinnlichen Stimme. »Ich bin Ihre neue Küchenchefin.«

»Meine was?« Er blickte sich in der Scheune um, auf der Suche nach der versteckten Kamera, die seine Brüder aufgestellt haben mussten.

Sie schüttelte seine Hand noch einmal fest, ehe sie sie losließ. »Überrascht?«

»Weil ich gar nicht die Absicht habe, jemanden einzustellen? Ja.«

»Aber bald brauchen Sie jemanden.« Ihre braunen Augen funkelten. »Stimmt’s?«

»Irgendwann vielleicht. Im Augenblick stehen gerade einmal die Wände, und das Restaurant wird frühestens nach Weihnachten eröffnet.«

»Gut.« Sie schenkte ihm ein selbstbewusstes Lächeln. »Dann bin ich jetzt die Erste in der Warteschlange.«

Ein unangenehmer Verdacht keimte in ihm auf. »Woher wissen Sie, dass ich ein Restaurant eröffnen will? Ich habe das noch gar nicht offiziell bekanntgegeben.«

»Aber Sie haben darüber mit ihren Kunden am Food Truck gesprochen.«

»Sie sind eine Kundin von mir?«

»Ja.«

»Und ich habe mit Ihnen darüber geredet?«

»Nicht direkt.«

»Aha. Also haben Sie gelauscht.«

»Vermutlich.«

»Soll das heißen, dass Sie mich ausspionieren?...