Die Frau an seiner Seite - Leben und Leiden der Hannelore Kohl

von: Heribert Schwan

Heyne, 2011

ISBN: 9783641058463 , 320 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 8,99 EUR

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Die Frau an seiner Seite - Leben und Leiden der Hannelore Kohl


 

Kapitel 8 HÖHEN UND TIEFEN (S. 179-180)

Zu Beginn der neuen Legislaturperiode wurde das übliche Ritual der Koalitionsverhandlungen über ein zukunftsorientiertes Regierungsprogramm abgespult. Kanzlerwahl und Kabinettsvereidigung – das beobachtete und begleitete die Kanzlergattin zum dritten Mal mit abnehmendem Interesse. Staatsbesuche im Ausland, Staatsgäste in der Bundesrepublik, für Hannelore war das Meiste inzwischen Routine.

Sie kannte die amtierenden Staats- und Regierungschefs, freute sich auf manche Besuche, sah anderen kritisch entgegen. Kohls Hang zur Schwarz-Weiß-Malerei, seine Liebe zu den sogenannten Kohlianern und seine Abneigung gegenüber den Kohl-Gegnern innerhalb und außerhalb des CDU/CSU-Milieus teilte Hannelore in gleicher Weise. Gelegentliche Abweichungen führten zu anstrengenden Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten. Aber im Grunde blieb alles beim Alten: Hannelore stellte sich weiterhin komplett in den Dienst ihres Mannes.

Einen guten Teil ihres Selbstverständnisses zog sie aus ihrem nicht nachlassenden Engagement als Präsidentin des Kuratoriums ZNS. Die längst schon traditionellen Benefizkonzerte mit Sandra Schwarzhaupt in Köln oder »Up with People« in Bonn, die dortige Opern-Gala und die Goldberg-Gala in Berlin gingen weiter. Der Berliner Juwelier David Goldberg veranstaltete für das Kuratorium ZNS seit 1987 bis Ende der Neunzigerjahre an verschiedenen Orten Berlins Bälle, deren Einnahmen dem Kuratorium zuflossen.

Dieser Mäzen sorgte nicht nur für ein gesellschaftliches Ereignis, sondern gehörte zu den eifrigsten Spendern und Spendeneintreibern. Im Mannheimer Rosengarten fand der alljährliche »Ball der Sterne« mit vielen Stars und viel politischer Prominenz statt. Auf dieser Veranstaltung präsentierte sich eine schlagfertige, witzige und unterhaltsame ZNS-Präsidentin. Ohne den Hauch von Lampenfieber war sie ganz in ihrem Element und warb mit neuen Ideen und Überzeugungskraft Spenden ein.

Auftritte wie diese waren Highlights in ihrem Leben, Höhen in einem oft grauen Alltag. Mit tiefer Zufriedenheit reagierte sie auch auf die Entscheidung des Deutschen Bundestages vom 20. Juli 1991, der mit 338 gegen 320 Stimmen für Berlin als künftigen Sitz von Regierung und Bundestag votiert hatte. Bis zuletzt hatte sich das Ehepaar Kohl mit Äußerungen zu dieser wichtigen Entscheidung zurückgehalten. Dass der Kanzler schließlich mit Herz, Verstand und großer Leidenschaft für den Berlin-Beschluss votierte, entsprach ganz und gar der Überzeugung seiner Frau. Niemals hätte Hannelore ihrem Mann verziehen, wenn er wie Norbert Blüm, Johannes Rau und viele andere prominente West-Politiker für Bonn als Regierungssitz plädiert hätte.