Traumprinz sucht Prinzessin

Traumprinz sucht Prinzessin

von: Leigh Michaels

CORA Verlag, 2017

ISBN: 9783733777074 , 130 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 1,99 EUR

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Traumprinz sucht Prinzessin


 

1. KAPITEL

Je länger Mr. Pettigrew spricht, umso mehr klingt seine Stimme wie das Summen einer müden Hausfliege, dachte Kimberley. Hinzu kam, dass sein Büro klein, trocken und überheizt war. Kein Wunder, dass sie sich leicht benommen fühlte, als würde sie in eine Art Trance hinüberdämmern. Wenn der Mann nicht gewesen wäre, der mit ihr am Schreibtisch Mr. Pettigrew gegenübersaß …

Aber vielleicht war es gut so, dass Mr. Pettigrew sie beide zu sich gebeten hatte, um ihnen zu eröffnen, wer den Druckauftrag für den Jahresbericht erhalten sollte.

Neben Tanner Callahan bleibe ich wenigstens wach.

Ohne den Kopf zu bewegen, versuchte Kim, Tanner von der Seite zu betrachten, doch er saß so neben ihr, dass sie nur seine Hand sah, die er entspannt auf das Knie seiner grauen Hose gelegt hatte. Er hatte lange, kräftige Finger und kurze, gepflegte Nägel.

Wetten, dass er nicht mal feuchte Hände hat, dachte Kim. Sie konnte es kaum erwarten, den Schweißfleck auf seiner makellosen Bügelfalte zu sehen, wenn sie ihm den Vertrag vor der Nase weggeschnappt hatte.

Natürlich konnte sie auch ohne diesen Triumph leben, aber es wäre nett zu entdecken, dass Tanner Callahan längst nicht so ruhig war, wie er sich gab.

Mr. Pettigrew näselte weiter, doch plötzlich fiel Kims Name, und sie riss sich aus ihrem hypnoseähnlichen Dämmerzustand.

Jetzt! dachte Kim. Jetzt erlebst du dein blaues Wunder, Tanner Callahan!

„Deshalb danke ich Ihnen für Ihr Angebot, Miss Burnham“, sagte Pettigrew. „Die Entscheidung war knapp, und ich rechne auch in Zukunft mit Ihren Angeboten.“ Er stand auf. „Mr. Callahan, ich schicke Ihnen den Durchschlag der endgültigen Spezifikationen heute Nachmittag, damit Sie sofort loslegen können. Wie Sie wissen, stehe ich mit der Bilanz unter Zeitdruck und möchte sie schleunigst in Angriff nehmen.“

Er klang durchaus nicht gehetzt, eher so, als würde er ein Wörterbuch vorlesen.

In Kims Ohren rauschte es. Sie musste sich verhört haben! Vielleicht war sie wirklich eingenickt und hatte einen Albtraum.

Doch Mr. Pettigrew stand auf und reichte Tanner Callahan über den Schreibtisch hinweg die Hand. Es war vorbei. Kim wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Benommen stand sie auf und bedankte sich bei Mr. Pettigrew pflichtschuldig für die Prüfung ihres Angebots.

Ehe sie die Tür öffnen konnte, war Tanner Callahan zur Stelle und hielt sie Kim auf. „Immer Gentleman“, bemerkte sie leise. „Außer wenn’s um Geld geht.“

Er zog eine Braue hoch. „Sie wollen doch sicher nicht, dass ich meine Angebote frisiere, damit Sie gewinnen, Kim?“

„Natürlich nicht!“

„Worüber beklagen Sie sich also? Geht es Printers Ink so schlecht, dass der Verlust von Pettigrews Auftrag Sie in die roten Zahlen bringt?“

„Selbst wenn es so wäre, würde ich mich bestimmt nicht an Ihrer Schulter ausweinen“, erwiderte sie schnippisch. „Warum werden Sie immer gleich ironisch, wenn Sie den Namen meiner Firma erwähnen?“

Einen Moment lang schien Tanner zu überlegen. „Weil er so … süß ist.“

Kim wollte davonstürmen, doch er fiel neben ihr in Schritt. „Den Auftrag hätte ich bekommen müssen“, sagte sie endlich. „Ich hatte Sie unterboten.“

Nun wirkte er leicht interessiert. „Wäre nett zu wissen, wieso Sie sich dessen so sicher sind. Jetzt frage ich mich natürlich, ob es nur ein Schuss ins Blaue war oder ob Sie in meiner Firma einen Spion haben?“

Ihr Gewissen ließ es nicht zu, seine Angestellten schuldlos in Verdacht zu bringen. „Niemand hat’s mir verraten“, gab sie zu. „Mein Angebot muss einfach besser als Ihres sein.“

„Vielleicht war meins in anderer Hinsicht überzeugender.“

Ein junger Mann tauchte aus einer Büronische auf und eilte den Gang entlang hinter Ihnen her. „Miss Burnham!“, rief er ihr nach, „Miss Burnham!“

Am liebsten hätte Kim sich taub gestellt. Was der junge Mann ihr zu sagen hatte, ging Callahan nichts an.

Doch der blieb höflich stehen. „Der junge Mr. Pettigrew möchte Sie sprechen.“

„Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten“, erklärte Kim übertrieben liebenswürdig. „Die Spezifikationen werden gleich in Ihrem Büro sein, und sicher möchten Sie sich sofort über den wichtigen Auftrag hermachen.“

„Ach, ich brauche mich nicht zu beeilen. Das ist der große Vorteil meiner neuen Druckpressen – sie sind nicht nur schnell, sondern auch leistungsstark.“

Also stimmten die Gerüchte über Callahan und seine neue technische Ausrüstung. Und er hatte sich offenbar nicht nur eine neue Maschine zugelegt, sondern gleich einen ganzen Park. Vielleicht hat er mich doch unterboten, überlegte Kim. Wenn die Neuanschaffungen sich rentieren sollen, braucht er jeden Auftrag, den er bekommen kann, ganz gleich, wie knapp seine Gewinnspanne ausfällt.

Tanner fuhr fort: „Und da ich auch langfristig auf Aufträge von den Pettigrews hoffe, ist es gut, wenn ich mit der nachrückenden Generation ebenso vertraut bin wie Sie.“ Er blickte über ihre Schulter zu dem jungen Mann und setzte vertraulich hinzu: „Na ja, vielleicht nicht ganz so vertraut wie Sie.“

Kim warf ihm einen vernichtenden Blick zu und drehte sich zu Jasper Pettigrew um. Er war noch sehr jung, ziemlich knochig und rührend ernsthaft und himmelte sie mit seinen blauen Augen durch seine dicken Brillengläser an.

„Miss Burnham, ich wollte Ihnen nur sagen, ich hab mir Mühe gegeben, meinen Vater zu überzeugen … Sie wissen schon, wegen Ihres Angebots.“

„Danke, Jasper“, erwiderte Kim. „Das war sehr lieb von Ihnen.“

„Ich wollte Ihnen nur Bescheid geben. Gern hätte ich mehr für Sie getan.“ Unruhig blickte er über die Schulter zurück. „Ich muss wieder an meinen Schreibtisch.“

„Natürlich.“ Am liebsten hätte Kim ihm den Kopf getätschelt.

Im Nu war er wieder in seiner kleinen Bürozelle verschwunden.

„Aha“, sagte Tanner und hielt Kim die Ausgangstür auf. „Jetzt weiß ich, wieso Sie so sicher waren, den Auftrag zu bekommen. Sie sollten sich schämen, Kim, Ihre weiblichen Reize spielen zu lassen, um den jungen Pettigrew dazu zu verführen, seinen Vater zu beeinflussen.“

Kampflustig warf Kim den Kopf zurück. „Als Nächstes sagen Sie mir, was Sie witziger finden –, dass ich weibliche Reize besitze oder dass Jasper Pettigrew seinen Vater beeinflussen könnte.“

„Darüber würde ich nicht mal im Traum reden. Wie Sie selbst sagten, bin ich ein Gentleman. Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?“

Wenn er es für unhöflich hält, die Wahrheit zu sagen, muss er eine wenig schmeichelhafte Meinung von mir haben, dachte Kim. Wie konnte ein Mann so gerissen und doch so höflich sein! Ihr wurde bewusst, was er sie gefragt hatte.

An der Tür hielt sie abrupt inne. „Kaffee? Wieso?“, fragte sie gespielt verwundert. „Weil ich Ihnen wegen des weggeschnappten Auftrags leid tue?“

„Der Cappuccino soll kein Trostpreis sein. Ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten. Sie wissen schon, was man in der Branche redet, wie die Geschäfte laufen …“

„Glauben Sie wirklich, das würde ich Ihnen verraten?“

„Also laufen sie nicht so gut.“

„Das habe ich nicht gesagt“, widersprach Kim scharf. „Warum fragen Sie überhaupt? Wollen Sie mir einen Auftrag zuschanzen? Wenn ja, wird er einen Haken haben, sonst würden Sie nicht versuchen, ihn loszuwerden.“

„Sie sind schrecklich misstrauisch, Kim. Ich möchte einfach nur mit Ihnen reden.“

Nachdenklich sah sie ihn an. „Mein lieber Tanner, Sie führen etwas im Schilde. Einem Mann in Ihrer Position dürfte es kaum schwer fallen, eine Frau zu finden, die mit ihm Kaffee trinkt. Wenn Sie mich so nett einladen, frage ich mich, was Sie vorhaben. Nein, ich kann mit Ihnen keinen Kaffee trinken gehen. Heute Abend habe ich etwas viel Wichtigeres vor.“

„Lassen Sie mich raten.“ Er blieb nicht bei den Gästeparkplätzen stehen, wo Kim seinen Mercedes entdeckt hatte, sondern ging mit ihr zum Bahnsteig an der Ecke weiter. „Wollen Sie sich die Haare waschen? Die Nägel lackieren? Nein, etwas so Normales würden Sie nicht tun. Sie müssen Ihren Hamsterkäfig ausmisten.“

Kim biss sich auf die Lippe, um nicht loszulachen.

„Das darf doch nicht wahr sein!“ Tanner gab sich überrascht. „Sie haben tatsächlich fast gelächelt.“

„Ich habe eine wichtige Besprechung mit meinen Mitbewohnerinnen“, klärte Kim ihn auf. „Einmal im Monat gehen wir die Ferngespräche auf der Telefonrechnung durch und einigen uns, wer was bezahlt. Dort kommt mein Zug. Entschuldigen Sie mich.“

Sie war bereits auf dem Bahnsteig, als Tanner ihr nachrief: „Die Telefonrechnung, Kim? Ihnen hätte ich zugetraut, dass Sie sich etwas Originelleres einfallen lassen. Sie enttäuschen mich.“

„Fein!“, rief sie zurück. „War mir ein Vergnügen, Sie zu enttäuschen.“

Die Pizza war längst verzehrt, doch ihr Duft hing immer noch im Raum, nachdem die Telefonrechnung abgehakt war. Kim lehnte sich an die Armstütze des Sofas und überflog den Ausdruck. „Eigentlich ist es traurig.“

Marissa saß auf dem Boden neben der Truhe, die als Couchtisch diente, und kratzte den letzten Brocken Käse vom Pizzakarton, um ihn sich in den Mund zu schieben. „Was ist traurig?“

Am anderen Ende des Sofas streckte Brenna eine Hand aus und begutachtete ihre Nägel. „Sie meint, dass drei wahnsinnig...