Therapiemotivation - Widerstände analysieren - Therapieziele klären - Motivation fördern

von: Dietmar Schulte

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2014

ISBN: 9783840926419 , 258 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 26,99 EUR

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Therapiemotivation - Widerstände analysieren - Therapieziele klären - Motivation fördern


 

2 Motivationstheoretische Grundlagen (S. 22-23)

Widerstand – so haben wir gesehen – bedeutet, dass ein Patient erwünschtes oder für erforderlich gehaltenes Verhalten nicht zeigt: Er kommt nicht zur Therapie, arbeitet nicht mit, engagiert sich nicht – er zeigt nicht das erwünschte Basisverhalten. Die Grundannahme ist, dass er das deswegen nicht tut, weil dafür die Bedingungen nicht gegeben sind. Wir müssen also fragen, was sind die Bedingungen für die Ausführung des Basisverhaltens und welche davon fehlen gegebenenfalls momentan bei meinem Patienten? Wir können die Frage verallgemeinern: Was sind die Bedingungen dafür, dass eine Person ein bestimmtes Verhalten zeigt beziehungsweise nicht zeigt?

Eine Vielzahl von Theorien sind aufgestellt worden, eine Vielzahl von theoretischen Konstrukten wurden formuliert, um diese Frage zu beantworten: Ziele, Erwartungen, Kontrolle, Attribution und vieles mehr. All diese theoretischen Ansätze oder Konstrukte sind auch benutzt worden, um das Verhalten von Patienten in Psychotherapien zu erklären. Oft stehen diese Konstrukte relativ isoliert nebeneinander oder in einzelnen Arbeiten wird jeweils lediglich eines dieser Konstrukte für die Erklärung des Patientenverhaltens herangezogen.

Kognitive Handlungskontrolltheorien und motivationspsychologische Ansätze haben komplexere Modelle der Handlungsregulation entwickelt, bei denen die verschiedenen Konstrukte in ihrer jeweils spezifischen Funktion berücksichtigt werden. Motivation ist ein facettenreiches Gebilde, ein multifaktorielles Konstrukt. Wir werden dies durch Rückgriff auf einige grundlegende Modelle, vor allem das sogenannte Rubikon-Modell der Handlungsphasen (Gollwitzer, 1996, 1991) darstellen. Auch andere Handlungskontroll- oder Handlungsregulationstheorien (z. B. Dörner, 1988) und kognitiv-soziale Motivationstheorien (z. B. Ajzen, 1991) werden im Folgenden berücksichtigt, auch die Theorie der Hoffnung von Snyder (Snyder et al., 2000). Trotz Unterschieden im Detail stimmen die meisten der Theorien hinsichtlich der zentralen Annahmen überein. Diese Theorien sind nicht speziell für die Erklärung der Motivation von Psychotherapiepatienten entwickelt worden. Ihr Geltungsanspruch ist allgemeiner. Sie versuchen, allgemein zielgerichtetes Handeln von Menschen zu erklären. Durch Rückgriff auf solche grundlagenwissenschaftlichen Theorien und Ergebnisse lassen sich jedoch auch die Inhalte und Prozesse der Motivierung eines Patienten, eine Psychotherapie aufzusuchen und in ihr mitzuarbeiten, erklären. Vor allem liefern sie Hinweise zur Beantwortung der Frage, wie es dazu kommen kann, dass Menschen nicht motiviert sind Handlungen durchzuführen, die – objektiv gesehen oder zumindest nach Meinung anderer – für sie hilfreich und förderlich wären: die Frage nach Ursachen oder Bedingungen von Widerstand.

2.1 Absichten Eine Grundannahme dieser Theorien ist, dass Kognitionen wesentlich an der Wahl und Ausführung eines Verhaltens beteiligt sind. Kognitionen repräsentieren jeweils aktuell das Wissen der Person, das aktuelle Wissen über die gegenwärtige Situation und Lage und das im Gedächtnis gespeicherte Wissen. Die verschiedenen Wissenselemente stammen aus verschiedenen miteinander in Beziehung stehenden Gedächtnisbereichen – einem Netzwerk aus sensorischem, motivationalem und motorischem Wissen (Dörner, 1988).

Für die Initiierung und Ausführung von Handlungen sind all die Wissenselemente relevant, die Informationen über eine mögliche Handlung enthalten: Informationen über das auszuführende Verhalten selber, über die Bedingungen, die gegeben sein müssen, um dieses Verhalten ausführen zu können, und nicht zuletzt Informationen über das angestrebte Handlungsziel und seine Folgen, die dieses Handlungsziel gegebenenfalls erst attraktiv machen. All diese Informationen, die für eine Handlung relevant sind, bilden eine Wissenseinheit, die als „Absicht“, auch als (Ziel-)Intention, bezeichnet wird (siehe Kasten).