Schloß Rodriganda - Karl May´s Gesammelte Werke Band 51

von: Karl May

Karl-May-Verlag, 2012

ISBN: 9783780215512 , 507 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 9,99 EUR

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Schloß Rodriganda - Karl May´s Gesammelte Werke Band 51


 

"14. Neue Schlingen (S. 326-327)

Die Anwesenheit der beiden Gäste brachte in das ein- same Leben auf Rodriganda Bewegung und Abwechs- lung. Was den Grafen Manuel betraf, so freute er sich, wenn die jungen Leute auf eine halbe Stunde sein Kran- kenzimmer teilten, um ihn zu erheitern. Er fühlte sich auf eine unerklärliche Weise zu dem Leutnant hingezo- gen. Auch das stille Wesen der Engländerin gefiel ihm und der Umgang mit solchen Personen war von vorteil- hafter Wirkung auf seinen leidenden Zustand.

Da die drei Ärzte Rodriganda verlassen hatten, so befand er sich unter der alleinigen Behandlung Sternaus und dessen Kunst hatte solche Erfolge, dass er nach einigen Tagen erklären konnte, der Stein sei entfernt. Nachdem der angegriffene Körper sich gekräftigt habe, könne man daran denken, sich auch mit den erblindeten Augen zu beschäftigen. Das war eine Botschaft, die alle Bewohner des Schlosses in Freude versetzte – den Notar, Señora Clarissa und Alfonso ausgenommen.

Es war eigentümlich, dass die regelmäßig im Park unternommenen Spaziergänge stets zu vieren begonnen wurden und doch zu zweien endeten. Während der Graf auf der Veranda die balsamische Luft genoss, lustwandel- ten die anderen zwischen Blumen. Da fand sich dann stets der Arzt zu Roseta und der Leutnant zu Amy, ein Umstand, dessen sogar der Graf mit einem liebenswürdi- gen Scherz gedachte. Mariano fühlte, dass die Liebe in ihm emporflammte, und Amy sah in dem jungen Mann die Verwirklichung ihres Ideals, ohne weiter und tiefer über die Gefühle nachzudenken, die ihr Herz beseelten.

So verfloss einige Zeit, ohne dass irgendein Ereignis von außen her das Stillleben unterbrochen hätte. Man las, man ging spazieren, man fuhr zuweilen aus, man musizierte und überall zeigte sich Mariano als ein vollen- deter Gesellschafter. Nur bei der Musik schloss er sich von jeder Beteiligung aus: Er könne nicht Klavier spie- len. Es war eines Abends zur Zeit der Dämmerung. Der Arzt befand sich beim Grafen in dessen Zimmer. Roseta war mit dem Bruder ausgefahren und der Leutnant hatte wieder, wie oft, in der Galerie vor dem Bild gestanden, das ihm so ähnlich war.

Da trat er in die daran stoßende Bücherei, in der es bereits ziemlich dunkel war, sodass er nicht bemerkte, dass Amy sich dort befand. Sie genoss jetzt die stille Dunkelstunde im Hinträumen. Als sie de Lautreville eintreten hörte, verhielt sie sich ruhig, weil sie glaubte, dass er nur hindurchzugehen beabsichtige. Er aber tat es nicht, sondern trat an eines der anderen Fenster und blickte hinaus in die Landschaft, von der das scheidende Tageslicht Abschied nahm."