Transplantationsmedizin - Ein Leitfaden für den Praktiker

von: Manfred Georg Krukemeyer, Arno E. Lison

Walter de Gruyter GmbH & Co.KG, 2006

ISBN: 9783110200195 , 348 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 99,95 EUR

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Transplantationsmedizin - Ein Leitfaden für den Praktiker


 

1 Grundlagen der Transplantationsimmunologie (S. 1-2)

C. Hardt, H. Grosse-Wilde

1.1 Einleitung

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten erfolgreichen Organtransplantationen beim Menschen durchgeführt. Grundlagen hierfür waren neue Erkenntnisse in der Chirurgie, der Immunologie und die Entdeckung von immunsuppressiven Medikamenten. Alexis Carrel schaffte mit der Organkonservierung und Gefäßanastomosen-Technik die chirurgischen Voraussetzungen (Nobelpreis 1912). Zuvor hatte Karl Landsteiner die Blutgruppen entdeckt (1901), deren Bestimmung sowohl für die Transfusion als auch die Transplantation von Bedeutung sind (Nobelpreis 1930). In den fünfziger Jahren erkannten Sir F. Macfarlane Burnet und Sir Peter B. Medawar die Bedeutung des Immunsystems für die Abwehrreaktion gegenüber körperfremdem Gewebe (Nobelpreis 1960). Burnet vermutete, dass Antikörper produzierende Zellen ausschließlich Rezeptoren einer Spezifität tragen. Kommt eine dieser Zellen mit dem hierzu passenden Antigen in Kontakt, differenziert und vermehrt sich diese Zelle und gibt ihre Rezeptoren als Antikörper in das periphere Blut ab (klonale Selektionstheorie). Medawar zeigte, dass immunreaktive Zellen körpereigenes Gewebe nicht angreifen und eine sog. Toleranz in der frühen Entwicklung von Lymphozyten erworben wird. Die Wissenschaftler Jean Dausset, Baruj Benacerraf und George D. Snell entdeckten 1958 die Transplantationsantigene auf menschlichen Leukozyten (Nobelpreis 1980).

Joseph Murray führte 1954 bei eineiigen Zwillingen die erste erfolgreiche Nierentransplantation durch. Der Patient lebte acht Jahre mit dem funktionierenden Transplantat. Eine Lebendspende bei genetisch nicht identischen Geschwistern gelang Murray 1959, und drei Jahre später transplantierte er die erste Spenderniere eines Verstorbenen. Ausschlaggebend für den Transplantationserfolg war die Therapie mit dem Immunsuppressivum Azathioprin, welches von Hitchings und Elion entwickelt wurde (Nobelpreis 1988).

Die Erfolge ermutigten die Chirurgen, auch andere Organe zu übertragen. James D. Hardy transplantierte 1963 in Jackson (Mississippi) erstmals einen Lungenflügel, leider erfolglos, und D. Starzl in Denver eine Leber, ebenfalls erfolglos. Drei Jahre später übertrugen in Minnesota Richard Lillehei und William Kelly eine Bauchspeicheldrüse und Christiaan Barnard führte im darauf folgenden Jahr am Groote-Schuur-Hospital in Kapstadt die weltweit erste Herztransplantation durch. Die Überlebenszeit der Patienten war aufgrund der immunologischen Abstoßung des fremden Transplantats noch gering. Donall Thomas versuchte 1956 bei einem Leukämiepatienten nach Ganzkörperbestrahlung eine Rekonstitution der Blutbildung mit fremden Knochenmarkzellen.

Die Übertragung hämatopoetischer Stammzellen ist heute ein Standardverfahren in der Behandlung von Leukämien und Lymphomen sowie angeborenen Immundefekten (s. a. Kapitel 16). Im Endstadium der Nieren-, Leber-, Herz-, Lungen- oder Pankreasinsuffizienz ist eine Organtransplantation die Behandlung der Wahl (Kapitel 8 # 12), zunehmend werden auch Erfolge bei der Dünndarmtransplantation erzielt (Kapitel 13). Gelenkdefizite können mit künstlichen Implantaten ausgeglichen und große Skelettdefekte mit Knochentransplantaten überbrückt werden (Kapitel 14). Das Sehvermögen kann bei Anomalien oder Schädigungen der Cornea mit einer Hornhauttransplantation (Keratoplastik) wiederhergestellt werden (Kapitel 16).