Lehrbuch Theorien und Methoden der Skalierung

von: Ingwer Borg, Thomas Staufenbiel

Hogrefe AG, 2007

ISBN: 9783456944470 , 480 Seiten

4. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

Windows PC,Mac OSX geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen für: Windows PC,Mac OSX,Linux

Preis: 52,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Lehrbuch Theorien und Methoden der Skalierung


 

2 Skalierung als numerisches Etikettieren (S. 11-12)

Skalierung wird in der Praxis oft gleichgesetzt mit Messen oder mit bestimmten Formen der Datenerhebung, bei denen die Gegenstände, denen das Interesse gilt, irgendwie mit Mess- oder Skalenwerten versehen (etikettiert) werden. Die verschiedenen Formen dieser Datenerhebung werden im Folgenden diskutiert.

2.1 Regelgeleitetes Klassifizieren und Quantifizieren

Unter Skalierung wird in den Sozialwissenschaften bisweilen nichts anderes verstanden als das Etikettieren von Objekten mit Zahlenwerten nach irgendeiner Regel: Der oder die Studierende X bekommt die Note 2 in einer Prüfung, das Gehalt von Maria Schmidt wird mit 3000 Euro/Monat angegeben, der IQ von Heinz Müller wird mit dem Wert 100 ermittelt. Entsprechend beschreibt Stevens (1959) Messen als das „business of pinning numbers on things" bzw. als „assignment of numerals to objects or events according to a rule – any rule" (S. 18). Die Regel („rule") ist zu verstehen als Angabe darüber, nach welchen Kriterien die Etikettierung erfolgen soll.

Für das Beispiel der Prüfungsnote ist die Regel eine Vergabe „im Sinne der Leistung", für die die Schulnotenskala entsprechende Kategorien bereitstellt. Eine Lehrerin vergibt („assigns") mit dieser Skala eine Note an ihre Schüler („objects").

Die Bezeichnung „any rule" von Stevens sollte nicht missverstanden werden in dem Sinn, dass jede beliebige Regel auch nützliche Skalenwerte produziert: „Of course, the fact that numerals can be assigned under different rules leads to different kinds of scales and different kinds of measurement, not all of equal power of usefulness" (Stevens, 1959, S. 19).

Die Regel sollte also schon inhaltlich Sinn ergeben und zu konsistenten Zuordnungen führen. Ebenso sollte sie zuverlässig funktionieren und nicht z.B. bei Wiederholung ganz andere Ergebnissen produzieren. Skalierung im Sinne numerischer Etikettierungen sind meist Quantifizierungen von Dingen oder Eigenschaften, denen das Interesse des Forschers gilt oder über die verschiedene Personen einfach kommunizieren wollen.

Dabei kommt es nicht immer direkt zu Skalenwerten. Die Objekte können zunächst irgendwelchen Kategorien zugeordnet werden (z.B. Schulabschluss von „Hauptschulabschluss" bis „Abitur", Bewertungen wie „gefällt mir", „teils-teils" „gefällt mir nicht"), die erst später numerisch codiert werden. Zudem muss die Etikettierung nicht immer nach einem Mehr-oder- Weniger Kriterium erfolgen. Sie kann vielmehr auch eine reine Klassifikation sein.

Eine solche wird z.B. mit der Frage »In welchem Bundesland leben Sie?« erzeugt. Diese hat als Antwortskala die Namen der Bundesländer von Schleswig-Holstein bis Bayern. Diesen Antwortkategorien werden dann irgendwelche Zahlenwerte zugeordnet, die lediglich qualitative Unterscheidungen machen. Ein anderes Beispiel für ein solche Klassifikation ist die Frage nach dem Geschlecht, bei der eine Codierung wie etwa 1=„Mann" und 2=„Frau" vorgenommen werden kann – oder jede andere Codierung, die zwei verschiedene Zahlenwerte verwendet. Noch ein Beispiel für eine lediglich qualitative Unterscheidung ist eine Obstwaage im Supermarkt. Dort muss man z.B. die 1 drücken, wenn man Bananen auflegt, und die 13, wenn man den Preis von Orangen wissen will. Die Regel gibt hier an, welcher Zahlenwert für welche Art von Obst steht.