Das Sintflutprinzip - Ein Mathematik-Roman

von: Gunter Dueck

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540338741 , 263 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 20,67 EUR

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Das Sintflutprinzip - Ein Mathematik-Roman


 

V Der menschliche Faktor (S. 53)

Noch einmal: Wie würden Sie selbst vor einer Sintflut fliehen?
1. Die Menschen sind verschieden
Irgendwann wurden sich die Menschen weitgehend einig, dass es sich um eine wirkliche Sintflut handeln könnte.Da dasWasser aber so langsam stieg, mussten sie nicht unmittelbare Sorge um ihr Leben haben. Sie hatten aber völlig verschiedene Ansichten, welcheMaßnahmen zu treffen seien.Manche mochten ihre Häuser nur unter Zwang aufgeben, andere schlugen einen Hauptstadtneubau auf dem höchsten Gipfel des Planeten vor, den sie sofort suchen wollten, natürlich nicht sie selbst – aber die vielen anderen Menschen, die das gut könnten.

Wer sich in die unabsehbaren Diskussionen begab, konnte mit der Zeit feststellen,dass es gar nicht so sehr vieleMeinungen gab. Sechs? Zehn verschiedene? Letztlich ging es nicht so sehr um eine bloße Meinung, dazu war die Frage nach der Art der Flucht zu existenzentscheidend. Es ging um die Lebenshaltung vor dem Unabwendbaren. Die folgenden Haltungen, die hier aufgezählt werden, lassen sichmit offenen Augen und einem Zwinkern immer wieder beobachten.

Die Theoretiker
Theoretisch betrachtet würde es genügen, zu wissen, mit welcher Geschwindigkeit das Wasser steigt und wie viele Jahre ein Mensch von dem Wasserproblem unbehelligt sein will. Er messe also den Anstieg des Wasserspiegels, prognostiziere einen Verlauf für die Zukunft, er lege fest, wie lange er nach einer Lösung nicht wieder umziehen will. 50 Jahre? Dann multipliziere er diese Anzahl der Jahre mit dem Anschwellen pro Jahr und finde einen Wohnort, der höher liegt.

Ein ganz wichtiges Problem aber ist für Theoretiker: Gibt es überhaupt einen Punkt auf dem Planeten, wo 50 Jahre Ruhe ist? Wenn nicht, ist der Weltuntergang so ziemlich beschlossene Sache, wenn auch nicht mit völliger Sicherheit vorhersagbar.Auf den Punkt gebracht: Nach wie viel Jahren ist Weltende, wenn der Regen so weiter steigt wie bisher? Werden wir das noch erleben?

Theoretiker berechnen die Risiken. Wer aufbricht und nach Bergen sucht,der mag vielleicht keine finden.Es könnte aufhören zu regnen.Dann ist die Mühe allen Suchens vergebens. Es könnte nahebei Berge geben – so hoch, dass dort die Sonne noch für lange Zeit scheint. Dann wäre ein Aufbruch dringend geboten. Was ist zu tun? „Menschen müssen zur Erkundung ausziehen", sagen die Theoretiker, aber sie selbst sind dazu nicht ausgebildet. Sie träumen von den sonnigenHöhen und sehen voller Sehnsucht den Abenteurern nach, die eine Suche im dichten Nebel und im Schlamm wagen.

Undwenn einer von denen zurückkehrt und von der Sonne berichtet, dann freut sich der Theoretiker, der das so schon nach seinen Berechnungen wusste,über die Korrektheit seiner Vorhersagen: Es ist ein wahrer Triumph über die, die überall Regen prognostizierten. Derweil bilden sich Meerespfützen um die Füße seines Schreibtisches, die anderen Menschen aber sind seinen Luftschlössern schon ein wenig näher gezogen.

Die Hügelstürmer
Ohne lange auf die Ergebnisse irgendwelcher Theorien warten zumüssen, ist es doch klar, dass derjenige, der höher wohnt, länger vor der Flut in Sicherheit ist als andere.DerHügelstürmer wählt seinenWohnsitz am höchsten Punkt in der Nähe der anderen Menschen. Er nimmt gerne in Kauf, dass er die Steine zum Bau so hoch hinauf tragenmuss.