Angebots- und Ausführungsmanagement - Leitfaden für Bauunternehmen - Erfolgsorientierte Unternehmensführung vom Angebot bis zur Ausführung

von: Gerhard Girmscheid

Springer-Verlag, 2005

ISBN: 9783540264996 , 273 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 59,99 EUR

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Angebots- und Ausführungsmanagement - Leitfaden für Bauunternehmen - Erfolgsorientierte Unternehmensführung vom Angebot bis zur Ausführung


 

8 Verhandlungsphase (S. 73-74)

8.1 Angebotsprüfung durch den Bauherrn

Nach Abgabe der Angebote sichtet und prüft der Bauherr bzw. sein Vertreter (Bauherrenberater / Projektmanager) die eingegangenen Angebote meist nach folgenden Kriterien:

• Sind die Angebote vollständig, d.h. wurde die ausgeschriebene Leistung umfassend ohne Einschränkung angeboten und wurden alle Leistungs- und Abrechnungspositionen mit Preisen versehen?
• Wurden ausschreibungswidrige Vorbehalte formuliert bzw. Hinweise auf Ausschreibungs- bzw. Planungsdefizite oder auf (spekulative) unentdeckte Risiken gegeben?
• Wie ist die Qualität und Professionalität der Angebote hinsichtlich Erläuterungen, Bauablauf- und Terminplänen?

Besonders bei Einzelleistungsträgerwettbewerben werden die Einheitspreise der Anbieter tabellarisch gegenüber gestellt. Die akzeptierten Hauptangebote werden anschliessend vom niedrigsten Gesamtpreis aufsteigend gereiht, jedoch noch ohne Korrekturen hinsichtlich ausgeschlossener oder eingerechneter spekulativer Risiken. Anschliessend erfolgt die Überprüfung der einzelnen Angebote auf eine preisliche Gewichtung von Leistungspositionen, die am Projektanfang liegen, um einen positiven Unternehmer- Cashflow zu erzielen. Ferner stellt der Bauherr durch Vergleiche mit den anderen Angeboten Überlegungen an, wie sich ausgeschlossene Risiken auf einzelne Leistungen auswirken.

Diese Methode kann allerdings zu falschen Schlüssen führen, auf die der Unternehmer jedoch in der Verhandlungsphase hinweisen muss, falls er von Bauherrenseite auf die Abgeltung von ausgeschlossenen Risiken angesprochen wird. Für jedes Angebot wird für die meist folgende Verhandlungsphase eine Liste angefertigt, in der alle potentiellen risiko- und preisreduzierenden Elemente des Angebots zusammengefasst werden.

Die Alternativen zum Hauptangebot werden als nächstes nach den gleichen Kriterien überprüft. Ferner muss bei Alternativen überprüft werden, ob diese in Bezug auf Funktionalität, Qualität und Dauerhaftigkeit adäquat zu der ausgeschriebenen Leistung sind. Der Bauherr wird auch prüfen oder prüfen lassen, ob spezielle Risiken, die in der Unternehmervariante liegen, eine zusätzliche Risikoübertragung und zusätzliche Garantien erfordern.

Anschliessend fordert der Bauherr die ersten drei Anbieter zu separaten Bereinigungsgesprächen auf, um einen einheitliche Preisvergleich für seine Entscheidung herzustellen. Meist lädt er die ersten zwei oder drei Anbieter noch zu weiteren Verhandlungen ein, um seine Kosten bzw. den Preis der Unternehmen zu verringern. Dabei beginnt er normalerweise mit dem dritt- bzw. zweitplazierten Anbieter, um mit taktischen Mitteln eine Preissenkung dieses Anbieters möglichst unter den Betrag des Erstplazierten zu erreichen. Dabei werden auch die angebotenen Alternativen diskutiert. Mit diesen Kenntnissen wird der Bauherr dann mit dem Erstplazierten verhandeln, um auch dessen Preis nach unten zu korrigieren.

8.2 Verhandlungsvorbereitung des Unternehmers

Das Ziel der Auftragsverhandlungen (Bild 22) mit dem Bauherrn ist es, einen weitgehend lückenlosen Vertrag auszuarbeiten, um Streitigkeiten in der Phase der Bauausführung möglichst zu vermeiden und für alle Leistungen, die während der Bauzeit auftreten könnten, einen Vergütungsanspruch geltend machen zu können. Der Unternehmer steht in dieser Phase unter starkem Wettbewerbsdruck. Deshalb kann er nicht beliebige und beliebig viele Vorbehalte vorbringen, die er in der Phase der Angebotsbearbeitung festgehalten hat, sonst wird er vor die Wahl gestellt, Vorbehalte fallen zu lassen oder aber den Auftrag nicht zu erhalten. Er befindet sich also auf einer Gratwanderung mit einem meist nur kleinen Spielraum.