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Lagerungstechniken im Operationsbereich - Thorax- und Herzchirurgie - Gefäßchirurgie - Viszeral- und Transplantationschirurgie - Urologie - Wirbelsäulen- und Extremitätenchirurgie - Arthroskopie - Kinderchirurgie - Navigation/ISO-C 3D


 

10.1 Der Lagerungsschaden aus der Sicht des Anästhesisten (S. 122-123)

M. Bund

10.1.1 Aufgabenverteilung zwischen Operateur und Anästhesist

Gemeinsame Verantwortung
Die Lagerung des Patienten auf dem Operationstisch und deren Überwachung ist eine gemeinsame Aufgabe von Operateur und Anästhesist. Die gemeinsame Verantwortung und die Verteilung der Aufgaben ist in Vereinbarungen zwischen dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten und dem Berufsverband Deutscher Chirurgen bzw. dem Berufsverband der Ärzte für Orthopädie geregelt [8–10]. Demnach ist der Anästhesist für die Lagerung des Patienten zur Einleitung der Narkose und für die Phase bis zum Beginn der eigentlichen Operationslagerung verantwortlich [74]. Erst nach Abschluss aller anästhesiologischen Maßnahmen wird der Patient in die Operationslage gebracht. Diese bestimmt und verantwortet der Operateur nach den Erfordernissen der jeweiligen Operation. Er überwacht die initiale Durchführung der Lagerung auf dem Operationstisch und vertritt auch intraoperative Umlagerungen.

Der Anästhesist ist intraoperativ für die Lagerung jener Körperregionen zuständig, die er für das Anästhesieverfahren unter Kontrolle haben muss, im Wesentlichen also für den Kopf und die Extremitäten, die er für Monitoring und Infusion benötigt [11]. Er sichert diese Gebiete mit geeigneten Maßnahmen so gut, dass Schäden auch dann vermieden werden, wenn die Abdeckung des Patienten eine ständige Sichtkontrolle verhindert oder die Lagerung während der Operation verändert werden muss. Der Anästhesist muss den Operateur eindringlich darauf hinweisen, wenn eine aus chirurgischer Sicht wünschenswerte Lagerung die Überwachung des Patienten erschwert oder gar die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen gefährdet. Gleiches gilt, wenn Lagerungsschäden durch Fehler bei der Lagerung, unbeabsichtigte Lageveränderungen im Verlauf der Operation oder durch direkte Einwirkung der Operateure drohen. Nutzen und Risiko einer bestimmten Lagerung sind kritisch gegeneinander abzuwägen.

Prinzipiell sollte die Lagerung der physiologischen Neutralstellung der Gelenke möglichst nahe kommen. Für die Phase der unmittelbaren postoperativen Überwachung bis zur Entlassung aus dem Aufwachraum trägt dann wieder der Anästhesist die Lagerungsverantwortung. Nach der interdisziplinären Vereinbarung schließt dies die Umlagerung des Patienten nach Beendigung der Operation mit ein, »… soweit nicht besondere Umstände die Mitwirkung des Operateurs bei der Umlagerung erfordern « [9]. Es sind jedoch auch krankenhausspezifische Absprachen möglich, etwa die prinzipielle Mitwirkung eines Chirurgen bei der Umlagerung [68].

Aufklärung und Dokumentation
Ein wesentliches Anliegen der präoperativen anästhesiologischen Visite besteht darin, potentielle Gefahren und Risiken für den Patienten zu erkennen und Maßnahmen zu ihrer Vermeidung einzuleiten. Dies betrifft auch das Risiko von Lagerungsschäden. Anamnese, klinische Untersuchung und Röntgenbilder können Hinweise auf anatomische Varianten oder pathologische Veränderungen geben, z. B. Arthrosen, Halsrippen, Endoprothesen oder »Shunt«-Arm. Diese Befunde werden dokumentiert und ihre Relevanz mit dem Operateur besprochen. Sind Halsrippen bekannt, wird wegen des Risikos eines Plexusschadens auf eine Auslagerung der Arme verzichtet [65]. Bestehen neurologische Defizite oder Vorerkrankungen, sollte der präoperative Status durch einen Neurologen untersucht und dokumentiert werden. Besondere Risiken können eine spezifische Aufklärung des Patienten über Lagerungsschäden erforderlich machen. Ansonsten genügt der allgemeine, in einem Aufklärungsbogen formulierte Hinweis, dass selten eine Schädigung von Nerven mit Gefühlsstörungen und Lähmungen durch Druck oder Zug bei der für die Operation erforderlichen Lagerung auftreten kann.