Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im politischen System der Europäischen Union

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im politischen System der Europäischen Union

von: Florian T. Furtak

Herbert Utz Verlag , 2005

ISBN: 9783831605187 , 296 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 47,99 EUR

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Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im politischen System der Europäischen Union


 

9. NGOs und die Menschenrechtspolitik der EU (S. 177-178)

9.1 Die Menschenrechtspolitik der EU im Überblick

Die Menschenrechtsproblematik hat auch über ein halbes Jahrhundert nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 nichts an Aktualität eingebüßt.265 Denn entgegen vielen Hoffnungen und Erwartungen treten Menschenrechtsverletzungen nicht weniger, sondern eher vermehrt auf. Zahlreiche Bürgerkriege, wie in Burundi und Ruanda, und die kriegerischen Auseinandersetzungen infolge des Zerfalls Jugoslawiens stellen die Menschenrechtspolitik der internationalen Gemeinschaft vor neue Herausforderungen. Auch in den EU-Staaten sind Probleme des Menschenrechtsschutzes an der Tagesordnung, so z.B. im Rahmen der Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik. Aus Anlaß des Menschenrechtsjahres 1998 beschloß die EU, künftig Jahresberichte zur Situation der Menschenrechte herauszubringen.

1999 legte der Rat zum ersten Mal einen Bericht für den Zeitraum vom 1. Juni 1998 bis 30. Juni 1999 vor, in dem erläutert wird, inwieweit die Fortschritte der Union im Integrationsprozeß eine Entsprechung im Bereich der Menschenrechte finden.266 Die Menschenrechtspolitik der EU weist zwei Dimensionen auf. Eine interne – zur Wahrung der Menschenrechte und Demokratie innerhalb der Gemeinschaft, und eine externe – zur Förderung der Menschenrechte und demokratischer Grundsätze in Drittstaaten. Während die Menschenrechtspolitik gegenüber Drittstaaten in den Bereich der GASP und damit in die dritte Säule der EU fällt, wurden durch den Amsterdamer Vertrag die Menschenrechte tangierenden Teile der Innen- und Justizpolitik, und zwar die Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik, in die erste Säule überführt und damit vergemeinschaftet – wenngleich mit einer fünfjährigen Übergangszeit.

Das Engagement der EU für Menschenrechte267 sowohl im Binnenverhältnis als auch in ihren Außenbeziehungen ist verhältnismäßig neu. In den Gründungsverträgen werden die Menschenrechte nicht explizit erwähnt, erst in der Präambel zur Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) von 1986, also rund dreißig Jahre später, wird auf sie Bezug genommen. Im Vertrag von Maastricht verpflichtete sich die EU in Art. F Abs. 2 (jetzt Art. 6 Abs. 2 EUV) erstmals zur Achtung der Menschenrechte.

In Art J.1 Abs. 1 (jetzt Art. 11 Abs. 1 EUV) wurde die Entwicklung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu einem der Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erklärt, Art. 130 u Abs. 2 (jetzt Art. 177 Abs. 2 EGV) verpflichtet die Gemeinschaft, bei der Entwicklungszusammenarbeit die Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten als allgemeines Ziel zu verfolgen. Der Vertrag von Amsterdam von 1997 beeinhaltet erstmals, in Art. 6 Abs. 1 EUV, eine Menschenrechtsgarantie:

Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit, diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam." Art. 49 Abs. 1 EUV sieht dementsprechend vor, daß jeder Staat, der den Beitritt zur EU beantragt, diese Grundsätze achten muß. Neu im Amsterdamer-Vertrag ist ebenfalls, daß Mitgliedsrechte eines Staates aus dem EU-Vertrag ausgesetzt werden können, falls er die in Art. 6 Abs. 1 EUV verankerten Grundsätze schwerwiegend und anhaltend verletzt (Art. 7 Abs. 1 und 2 EUV).268 Ferner wurde erstmals vertraglich verankert, daß die Handlungen von Rat, Kommission und Parlament in Fragen der Menschenrechte und demokratischen Grundsätze der Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof unterliegen (Art. 46 lit.d EUV). Schließlich verpflichtete der Amsterdamer-Vertrag in Art. 29 die EU, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu verhüten und zu bekämpfen.